Bundeskunsthalle Bonn: Häuser für Terroristen und einsame Singles

Thomas Schütte, der Gewinner des Düsseldorfer Kunstpreises, zeigt eine Werkschau seiner ironischen Modelle.

Bonn. Thomas Schütte ist einer der beliebtesten und subversivsten Künstler der Gegenwart. Am 10.September, zur Eröffnung der Quadriennale, erhält er den großen Kunstpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf. Zuvor präsentiert er in der Bonner Bundeskunsthalle eine doppeldeutige Schau.

Dabei zeigt sich der Schöpfer großer "Geister", zerschundener Frauenkörper und poetischer Zeichnungen als ironischer Baukünstler. Er nimmt Star-Architekten auf die Schippe, wenn er ihre Museumsbauten durch arme Modelle in Holz und Lack ersetzt, mit "Feuerstellen" zum Verheizen von Kunst. Leicht, farbenfroh und transparent ist sein Plexiglas-Kubus, mit dem irritierenden Titel "Ferienhaus für Terroristen".

Seine Bauherren sind tragisch-komische Figuren. "Vater Staat" ist ein kurioses Monstrum im bodenlangen Bademantel. Der "Mann im Matsch" (Foto: dpa), der in Gips und Styropor einsinkt, ist ein Alter Ego. Er gilt als Metapher für die vielen Krisen des Künstlers.

Seine Modelle dienen keiner Image-Pflege zum Gewinn von Bau-Aufträgen, sie wollen eher als Entwürfe für alternative Behausungen verstanden sein. Das wird in dem "Ein-Mann-Haus" (One Man House) deutlich, das Schütte mehrfach variiert. Es ähnelt einem überdimensionalen Kameragehäuse mit einer Linse wie ein Bullauge oder ein Rhönrad, in dem der Einsame endlos rotiert.

1987 baute der Bildhauer einen Pavillon im Kasseler Auepark nach einem umgedrehten Farbeimer. Das Gebäude wurde später abgerissen. In Bonn zu sehen sind "Berglandschaften" mit einem grünen Tuch oder einer Wolldecke für die Wiesen und einem gelben Band als Serpentine. Schutzräume haben die Form von Walzen oder erinnern an hölzerne Häuser mit Einflugschneise fürs "Liebesnest" der Vögel.

1998 schaute er bei einem Aufenthalt in New York auf die damals noch existierenden Bürotürme des World Trade Centers. Wieder zu Hause, schuf er elf Gebäude aus Karton und Sperrholz, die er wie Sinnbilder der wirtschaftlichen Macht und des Kapitalismus baute und anschließend umkippte. 2001 wurde seine Vision schreckliche Realität, jetzt demonstriert sein ineinander geschobener Bausatz das Chaos der Welt. Aus Reststücken, Kartons, Brettern, Farbe und Leim entstehen seine Entwürfe.

Die spontane Intelligenz, der analytische Verstand und die kritische Reflexion machen Schütte zur Ausnahme-Gestalt unter den Künstlern der Gegenwart. Dies war der Grund, weshalb er 2005 für sein Lebenswerk den Goldenen Löwen in Venedig erhielt.