Ein Bunker als Kunsttempel: Sprengel-Neubau wird eröffnet
Hannover (dpa) - Es ist eines der ambitioniertesten Kulturprojekte in Niedersachsen: Der Erweiterungsbau des Sprengel Museums Hannover, der mehr als sechs Jahre nach Start des Architektenwettbewerbs am Freitag eröffnet wird.
Wegen Kostensteigerungen und Verzögerungen war das knapp 36 Millionen Euro teure Projekt immer wieder in die Kritik geraten. Auch die dunkelgraue Beton-Fassade traf nicht jedermanns Geschmack. In der Lokalpresse wurde der von den Schweizer Architekten Meili und Peter entworfene Baukörper als Bunker, Sarg oder Brikett geschmäht. Manche beklagten, es gebe zu wenige Fenster, um auf den Maschsee zu blicken.
Zur Eröffnung überwiegen jetzt aber die positiven Stimmen, sagt Museumsleiter Reinhard Spieler: „Die Stimmungslage hat sich deutlich gedreht.“ Der Kunsthistoriker ist überzeugt davon, dass die Hannoveraner ihr „Maschsee-Brikett“ lieben lernen werden. Am Wochenende können sie bei freiem Eintritt die neuen Räume auf sich wirken lassen.
Weil die klimatischen Verhältnisse es noch nicht zulassen, dürfen hier aber noch nicht die Meisterwerke aus der eigenen Sammlung ausgestellt werden - bei Neubauten ist so etwas normal, voraussichtlich ab Juni werden dann die eigenen Bilder zu sehen sein. Aus diesem Grund hat Museumsleiter Spieler Künstler eingeladen, für jeden Raum eine Installation zu schaffen, die sich mit der jeweiligen Architektur auseinandersetzt.
Das 1979 eröffnete Sprengel Museum beherbergt - basierend auf der Schenkung von Schokoladenfabrikant Bernhard Sprengel - eine der wichtigsten Sammlungen Moderner Kunst in Deutschland. Sein Kurt-Schwitters-Archiv ist weltweit einzigartig: 112 Arbeiten des 1948 in England gestorbenen Avantgarde-Künstlers besitzt das Museum selbst, zudem lagern 1012 Werke der Kurt und Ernst Schwitters Stiftung in Hannover. Darüber hinaus prägte die Französin Niki de Saint Phalle das Sprengel Museum, indem sie dem Haus vor 15 Jahren einen Großteil ihrer Werke schenkte.
Mit dem 75 Meter langen und 14 Meter hohen Neubau vergrößert sich die Gesamtfläche von 11 800 auf mehr als 17 000 Quadratmeter. Ende Januar schließt das Museum für voraussichtlich vier Monate, dann werden die Meisterwerke der Moderne in den Anbau umziehen. „Hier werden sie wunderbares Naturlicht und Luft zum Atmen bekommen“, sagt Museumschef Spieler. Von der Erweiterung profitiert zudem vor allem die Fotografie-Abteilung, die mehr Räume für ihre Dauerausstellung bekommt. Außerdem wurde nach Angaben von Spieler die modernste Depotanlage für Fotografie in Europa geschaffen.
In den kommenden Monaten können die Besucher nicht nur die neuen Räume besichtigen. Daneben werden im Altbau unter dem Titel „Unsere Sammler, unsere Stifter“ auch Schätze aus der eigenen Sammlung ausgestellt. Den Auftakt machen Gemälde von Pablo Picasso, Emil Nolde und Franz Marc. Dann führt der Weg weiter über Schwitters, Nachkriegskünstler wie Werner Heldt, Niki de Saint Phalle bis hin zu Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Per Kirkeby und Gerhard Richter. „Es ist toll, dass sich so viele Sammler ins Sprengel Museum eingereiht und kein eigenes Museum gegründet haben“, betont Spieler.
14,1 Millionen der knapp 36 Millionen Euro für den Neubau trug die Stadt Hannover, 11,6 Millionen stammen aus EU-Fördermitteln. Jeweils fünf Millionen Euro finanzierten das Land Niedersachsen und Sponsoren. Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok ist stolz auf den neuen Kulturtempel mit der Betonfassade: „Mit dieser Erweiterung setzen wir Maßstäbe für eine moderne, zeitgemäße Ausstellungsphilosophie. Hannover positioniert sich damit in der modernen Museumslandschaft national - und international.“