Ein Sommer für Matisse - Nizza feiert

Nizza (dpa) — „Als ich mir bewusst wurde, dass ich jeden Morgen dieses Licht wieder sehen werde, konnte ich nicht an mein Glück glauben. Ich beschloss, Nizza nicht mehr zu verlassen. Ich verbrachte dort fast mein ganzes Leben“, erklärte Henri Matisse einmal.

Der Maler und Bildhauer hat in der südfranzösischen Stadt den Großteil seiner Werke geschaffen. Knapp neun Jahre nach dem Tod des Wegbereiters des Fauvismus 1954 wurde das Matisse-Museum eröffnet. Zum 50. Geburtstag der prächtigen Villa auf den Anhöhen der Stadt, die eine der bedeutendsten Sammlungen des Künstlers beherbergt, feiert Nizza „Un été pour Matisse“, den Matisse-Sommer: acht Ausstellung, die sein Erbe, seinen Einfluss und sein Universum zeigen.

„Matisse. Die Musik am Werk“ heißt die Werkschau, die ihm das Musée Matisse widmet. Denn wäre Matisse kein Maler geworden, hätte er Musik gemacht. So wie Ingres spielte auch Matisse leidenschaftlich Geige. Das Instrument ist in seinen Werken ein häufig wiederkehrendes Objekt, wie die Ausstellung illustriert. In Nizza führt er 1918 „Der Geigenspieler am Fenster“ aus. Bei der Person, die spielt, handelt es sich um seinen Sohn Pierre, der aus dem Krieg zurückgekehrt ist.

Für Matisse war der Pinsel wie der Stab eines Dirigenten, mit dem er die Harmonie der Farbtöne suchte und den Klang des Bildes. „Die Trauer des Königs“ aus dem Jahr 1952 führt diese Orchestrierung vor Augen: Eine Apotheose seiner Kunst, in der Musik, Skulptur und Tanz ein rauschendes Fest feiern. Der Gouache-Scherenschnitt zeigt David, der mit seiner Musik König Saul unterhält. Das großformatige Werk ist eine Leihgabe des Museums für moderne Kunst im Centre Pompidou. Es führt majestätisch in die Ausstellung ein, die bis zum 23. September dauert und rund 220 Werke umfasst.

„Les années Jazz“ im Palais Lascaris erinnert daran, dass Matisse nicht nur ein Faible für Klassik hatte. Während er malte, hörte er Radio und vor allem Jazz. In der Ausstellung werden die Bildbögen von „Jazz“ gezeigt, eines der wichtigsten Künstlerbücher des 20. Jahrhunderts. Als der Künstler das 1947 veröffentlichte Buch begann — zwanzig Illustrationen sowie Texte —, war er über 70 Jahre alt und bei schlechter Gesundheit, er war an Zwölffingerdarmkrebs erkrankt und hatte zwei Lungenembolien erlitten.

„Matisse vergisst hier sein Leiden und den Krieg und bringt seine ganze Kunst zum Ausdruck“, wie Sylvie Lecat, die Direktorin des prächtigen Barock-Museums mitten im historischen Nizza, erklärt. Die Bilder, in kräftige Gouachefarben eingetauchte Scherenschnitte, stellen Clowns, Akrobaten und Kunstreiter dar, deren Improvisation und Rhythmus den Bezug zum Jazzstil herstellen.

„Bonjour Monsieur Matisse!“ im Museum für moderne Kunst MAMAC zeigt den Einfluss von Matisse auf nachfolgende Künstler wie Tom Wesselmann, Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Niki de Saint Phalle oder Jean-Michel Basquiat. „Gustave Moreau, der Meister von Matisse“ im Museum für Schöne Künste illustriert, wie sehr sich hingegen Matisse von Gustave Moreau (1826-1898) hat inspirieren lassen. Es stellt 48 Werke des Symbolisten aus, bei dem Matisse zwischen 1893 und 1898 jeden Mittwoch und Samstag in die Lehre ging.

„Un été pour Matisse“: Das sind acht Ausstellungen und mehr als 700 Werke. Die Qualität der Ausstellungen variiert. Doch erlauben sie dem Besucher, ein Gesamtbild von dem Künstler zu bekommen, für den das Malen ein sinnliches Vergnügen war.