Folkwang Museum: Der Krieg und seine Folgen
Essen (dpa) - Ein traumatisierter Soldat, eine Straße voller Kanonenkugeln oder verlassene Panzer in der Wüste: Die Ausstellung „Conflict, Time, Photography“ im Essener Folkwang Museum richtet den Fokus auf die Folgen von Kriegen.
Dabei mache die unmittelbare Abbildung der Gewalt nur einen geringen Teil der Ausstellung aus, erklärte Direktor Tobia Bezzola zur Eröffnung am Donnerstag. „Es geht vielmehr um die Spuren an Körpern, an Gebäuden.“
Das Besondere der sehr sehenswerten Schau ist die Anordnung der Bilder, die sich ausschließlich an dem zeitlichen Abstand zum Ereignis orientiert. Gezeigt werden rund 125 Werke mit mehr als 800 Exponaten aus der Zeit zwischen 1855 bis 2013. So gibt es die Kategorien „Momente, Wochen, Monate später“, „Jahre und Jahrzehnte später“ und „100 Jahre später“.
Das Bild von Luc Delahaye zeigt eine dunkle Rauchwolke über einer verwaisten Ebene in Afghanistan, nur einen Moment nach einem Bombenangriff der US-Militärs auf Taliban-Stellungen. Ebenfalls kurz nach einem Gefecht in Vietnam hat Don McCullin einen US-Soldaten aufgenommen - wie unbeteiligt starrt der traumatisierte Mann gleichsam durch die Kamera hindurch.
Ihm sei eine solche Aufnahme nur deshalb gelungen, weil er sich während der Schlacht in unmittelbarer Nähe zu den Truppen befand, zitierte das Museum McCullin. Dies sei in den jüngeren Kriegen nicht mehr möglich, da Fotografen sich offiziell nur „eingebettet“, also streng kontrolliert, bewegen dürften. Diese Praxis hätte speziell mit dem Krieg in Irak und Kuwait zwischen 1990 und 1991 begonnen, erklärte Bezzola. Sieben Monate nach Ende dieses Krieges reiste die Fotografin Sophie Ristelhueber nach Kuwait. Ihre Bilder zeigen die „zernarbte und geschundene“ Landschaft: In der Wüste liegen noch Stiefel im Sand, Luftaufnahmen zeigen Bombenkrater und verlassene Panzer.
In einem Raum präsentiert das Londoner „Archive of Modern Conflict“ Fotos, Manuskripte oder Ausrüstung in einer Installation. Darunter viele Aufnahmen, wie Kämpfer stolz ihre Uniformen und Waffen zur Schau stellen. „Diese Kostümierung, die Selbst-Inszenierung, das ist auch bei der IS so“, erklärte Bezzola. Auch die Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ zeigten in ihren Propaganda-Videos eine „Show“.
Aus den täglichen Nachrichten kenne der Zuschauer Kriegsfotografie vor allem als Darstellung von Dynamik und Zerstörung, sagte Kurator Hans-Jürgen Lechtreck. Die im Folkwang Museum gezeigten Werke seien von der Aktualität entkoppelt. „Die Ausstellung ist auch eine Aufforderung, die alltäglichen Bilder nochmal neu zu betrachten.“
Vorgaben, Manipulation, Inszenierung: Propaganda mit Bildern ist keine Erfindung aus der jüngeren Zeit. 1854 fotografierte Roger Fenton Szenen aus dem Krimkrieg (1853-56). Um Fotos aus einer Schlucht entbrannte laut Museum eine Diskussion: Hat der Fotograf extra Kanonenkugeln auf einen Weg gelegt, um das Gefühl der Gefahr zu steigern? „Die Schau lehrt uns auch, vorsichtig zu sein gegenüber Bildern“, erklärte Bezzola. Jede Darstellung sei auch immer gestaltet.