Happy End: Stiftungen retten „Sonnenaufgang“ für Dresden
Dresden (dpa) - Rettungsaktion für Dix in Dresden: Nach 80 Jahren gehört das Gemälde „Sonnenaufgang“ von Otto Dix wieder Dresdens städtischer Kunstsammlung. Der Expressionist hatte es 1920 dem Stadtmuseum geschenkt.
Bis 1933 war das Bild dort zu sehen, bis es auf Betreiben der NSDAP in der Stadtverordnetenversammlung mit hunderten anderen Werken konfisziert wurde. Der Ankauf gelang mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder und privater Stiftung - buchstäblich in letzter Minute: Das Frühwerk des Malers war im November 2012 das Highlight der Herbstauktion der Villa Grisebach.
„Es sind Sternstunden, wenn es gelingt, die Lücken in den Sammlungen deutscher Museen zu schließen, insbesondere wenn sie durch das Nazi-System gerissen wurden“, sagte die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, am Dienstag in Dresden. Die Stiftung war bisher an der Rückführung von mehr als 20 Kunstwerken beteiligt, die durch die Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ zwischen 1933 und 1937 aus Museen verschwanden. Die Rettungsaktion für den Dresdner Dix gelang in nur 14 Tagen.
„Wir haben eine To-do-Liste erstellt, wen wir ansprechen können“, erinnerte sich Pfeiffer-Poensgen. Museumsdirektor Gisbert Porstmann habe dann in kürzester Zeit alle potenziellen Geldgeber überzeugt, die starke Finanzkoalition stand. Auch das Auktionshaus zog mit, obwohl ihm damit möglicherweise ein Geschäft entging. „Es gab deutliches Interesse, auch aus dem Ausland“, sagte die geschäftsführende Gesellschafterin, Micaela Kapitzky. Immerhin hielten Kunstexperten einen Erlös oberhalb der Millionengrenze für möglich - für den Ankauf wurden knapp 800 000 Euro bezahlt.
Das Dresdner Stadtmuseum besaß vor 1933 allein 18 Werke des Malers, der zu den bedeutendsten deutschen Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt. Dix verbrachte seine wichtigsten Lebens- und Schaffensjahre in Dresden. Hier malte er 1913 „Sonnenaufgang“ und schenkte das Bild 1920 dem Stadtmuseum. Die Winterlandschaft mit schwarzen Krähen vor schmutzig-gelben Sonnenstrahlen, dunkle Wolken durchbrechend, symbolisiert eine Vorahnung der apokalyptischen Ereignisse des Ersten Weltkriegs.
Dix' frühes Schlüsselwerk steht exemplarisch für die Geschichte vieler Kunstwerke der Klassischen Moderne und deren Schicksal im Dritten Reich. Das NS-Regime diffamierte in den 1930er und 1940er Jahren Kunstwerke als „entartet“, deren Ästhetik nicht in das von den Nazis propagierte Menschenbild passte. Betroffen waren Vertreter des deutschen Expressionismus wie die Dresdner Künstlergemeinschaft „Die Brücke“ mit Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff, Pechstein, die Neue Sachlichkeit von Dix und die Bauhaus-Schule.
„Das Thema wird die Museen in Deutschland noch lange beschäftigen“ sagte der Kunsthistoriker Andreas Hüneke von der Freien Universität (FU) Berlin. Die Datenbank der Forschungsstelle für „Entartete Kunst“ gibt Auskunft über rund 21 000 beschlagnahmte Kunstwerke. „Die meisten waren grafische Arbeiten.“ Während die Museen im Westen schon in den 1960er Jahren Verluste recherchieren konnten, gelangten wichtige Werke erst seit 1990 wieder in Museen im Osten: Bilder von Erich Heckel, Oskar Kokoschka, Otto Mueller, Karl Hofer und Lyonel Feininger oder die „Kniende“ von Wilhelm Lehmbruck.