Jubiläum: „Herr Zeitgeist“ und sein Museum MoMA PS1

New York (dpa) - Arm in Arm mit Lady Gaga und Kylie Minogue, in Arbeit versunken mit Björk oder feiernd mit Yoko Ono und Christoph Waltz: Klaus Biesenbach „ist überall und kennt jeden“, schrieb das „New York Magazine“ einmal.

Jubiläum: „Herr Zeitgeist“ und sein Museum MoMA PS1
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„Von niemandem bekomme ich mehr SMS als von Klaus“, erzählte der Schauspieler und Künstler James Franco einmal. Fast 200 000 Menschen verfolgen die alltäglichen Abenteuer des „Herrn Zeitgeist“ bei Instagram - darunter mehrmals wöchentlich den traumhaften Blick auf die New Yorker Skyline aus seiner Wohnung in Manhattan.

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Der 1967 in der Nähe von Köln geborene Kurator und Experte für zeitgenössische Kunst gehört zu den umtriebigsten und angesehensten Köpfen der New Yorker Kunstszene. Seit Mitte der 90er Jahre lebt Biesenbach, der sich stets in Schwarz und Grau gekleidet präsentiert und dessen starker deutscher Akzent inzwischen zum Markenzeichen geworden ist, in der Millionenmetropole. Seit 2009 leitet er den zeitgenössischen Ableger des Museum of Modern Art (MoMA), das MoMA PS1, und feiert am Donnerstag (9. Juni) mit seinem Team den 40. Geburtstag des Museums im Stadtteil Queens.

Biesenbach, zugleich auch noch Kurator am MoMA, ist erst der zweite Direktor in der Geschichte des PS1. Seine Vorgängerin war die Gründungsdirektorin Alanna Heiss, die in den 70er Jahren verlassene Orte in New York mit Kunst wiederbelebte. Dabei stieß sie auf eine zur Lagerhalle umfunktionierte Schule in Queens, die Public School 1, und gründete darin das Museum PS1. „New York war damals anders“, sagte Heiss kürzlich der „New York Times“. „Damals waren Künstler für alle Arten der Zusammenarbeit offen.“ Über Stipendienprogramme holt Heiss Künstler aus der ganzen Welt ans PS1, auch aus Deutschland.

Damals war das Ausstellungshaus noch kein Teil des MoMA und die Umgebung im Viertel Long Island City dreckig und heruntergekommen. Nur echte Kunst-Liebhaber wagten sich von Manhattan aus über den East River ins PS1. 1999 wurde die Kooperation mit dem MoMA offiziell verkündet, mehr Platz und zeitgenössische Expertise für das MoMA, mehr Aufmerksamkeit, Geld und Besucher für das PS1. Inzwischen gilt Long Island City längst als schick und angesagt, und das PS1 als kulturelles Herz des Viertels zieht mehr als 150 000 Besucher im Jahr an.

Direktor Biesenbach kam Mitte der 90er Jahre ans PS1. Die Gründerin Heiss hatte ihn in Berlin kennengelernt, wohin es ihn nach einem Abstecher nach Amsterdam gezogen und wo er die Kunst-Werke in Mitte gegründet hatte. „Klaus war mysteriös“, sagt Heiss. „Seine Strenge, seine Haltung, aber auch, dass er aus keiner uns bekannten Welt kam. Nicht unserer Kunstwelt, der Museums-Kunstwelt. Es war schwer, ihn in eine Schublade zu stecken.“

Aber Biesenbach startet durch, bringt alle auf seine Seite und feiert Erfolge. 2009 bietet ihm Heiss ihre Nachfolge an. „Ich sagte: 'Alanna, ich bin niemand, der etwas erbt. Ich bin jemand, der etwas startet'“, erzählte Biesenbach jüngst dem „New York Magazine“. Aber dann nahm er den Posten doch an. „Ich habe das Glück zu wissen, dass jemand, dem ich vertraue, das weitermacht, was ich angefangen habe“, sagt Heiss, die weiter als Kuratorin in New York arbeitet.

Eine eigene Sammlung hat das PS1 bis heute nicht, dafür mehr Platz zum Ausstellen, Ausprobieren, Scheitern und Erfinden. Vor kurzem zeigte das Museum die erste große US-Schau mit dem Werk von Christoph Schlingensief. „Der Wert des PS1 liegt in seiner Funktion als Testfläche für Ideen“, sagt der MoMA-Direktor Glenn Lowry.

Biesenbach hat sich unterdessen unverzichtbar gemacht. Und der „umherwandernde, enthusiastische, genusssüchtige und unverkennbar deutsche Botschafter des MoMA in der globalen Kunst-Mode-Musik-Karawane“, wie ihn das „New York Magazine“ einst betitelte, hat noch lange nicht genug. „In einem idealen Szenario haben ein Kurator und ein Künstler ein anhaltendes Gespräch. Deswegen ist es für einen Kurator lohnend, wenn er sich für einen langen Zeitraum verpflichtet.“

Auch eine Kontroverse um seine Person nach einer von vielen als missglückt angesehenen Schau über die isländische Musikerin Björk im MoMA überstand Biesenbach jüngst relativ unversehrt. „Sein am gründlichsten kuratiertes Projekt“, so schrieb das „New York Magazine“, „ist sowieso er selbst.“