Venezianischer Maler Junger Wilder: Tintoretto-Schau zum 500. Geburtstag

Köln (dpa) - Was macht man, wenn man als Maler groß rauskommen will, aber schon den absoluten Superstar genau vor der Nase hat? Dann muss man sich was einfallen lassen. Zum Beispiel Sex und Spannung in die Bilder reinpacken.

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Oder ganz groß und ganz viel malen. Und vor allem ganz anders.

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Genauso hat es der Künstler gemacht, der im Venedig des 16. Jahrhunderts gegen Tizian anpinseln musste. Ein Künstler, den man anfangs mitleidig als „Färberlein“ belächelte, der aber eben diesen Schimpfnamen zu seinem Markenzeichen machte: Jacopo Robusti - genannt Tintoretto.

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Auf ein präzises Geburtsdatum oder auch nur Geburtsjahr hat sich die Forschung bisher nicht einigen können - so um 1518/19 muss es gewesen sein. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum eröffnet jedenfalls jetzt schon mal den internationalen Ausstellungsreigen zum runden Geburtstag und zeigt vom 6. Oktober bis zum 28. Januar kommenden Jahres „Tintoretto - A Star was Born“. Die Schau umfasst 74 Exponate, darunter 36 teils riesige Tintoretto-Gemälde. Die Leihgaben stammen unter anderem aus London, Amsterdam, Budapest, Madrid, Mailand, Rom, Venedig, Washington und Wien. Anschließend wandern die Bilder weiter ins Musée du Luxembourg in Paris.

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Angeblich machte Tintoretto (1518/19-1594) zunächst mit Graffiti von sich reden: Die schmierte er auf die Wände der väterlichen Färberei. Nach einer Lehre bei Tizian (1477/90-1576) legte er dann los. Sein Motto: klotzen, nicht kleckern. So gilt sein „Paradies“ im Dogenpalast als eines der größten Ölgemälde der Welt - 7 mal 22 Meter.

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Der feierlichen Schönheit von Tizian setzt Tintoretto Dramatik entgegen - er erzählt Geschichten, und zwar so plastisch und dreidimensional, dass ihn der französische Philosoph Jean-Paul Sartre als den „ersten Filmregisseur“ bezeichnet hat. Um eine Geschichte weitererzählen zu können, fügte Tintoretto auf manchen Bildern Spiegel ein, in denen die nächste Szene zu sehen ist. Er wollte also tatsächlich eine Abfolge von Bildern schaffen, kein Standbild.

„Er war ein aufstrebender Revoluzzer, ein junger Wilder“, charakterisiert ihn Kurator Roland Krischel. Anfangs wurde er wohl noch von Tizian angeheuert, um als eine Art Subunternehmer für ihn Bilder zu malen, die der Großmeister dann als eigene Werke ausgab. Doch dann wurde der Mann aus der zweiten Reihe selbst ein Star.

Er verpasste der venezianischen Kunstszene einen Modernisierungsschub. So entwickelte er perspektivisch raffinierte Deckenmalereien, wie man sie in der Lagune noch nie gesehen hatte. Eine Zeus-Geliebte malte er dermaßen ekstatisch, dass Krischel sagt: „Man kann sich ernsthaft fragen, ob dies die erste Darstellung eines weiblichen Orgasmus in der Kunst ist.“ In einem anderen Bild spiegelt Tintoretto eine schöne Prinzessin in der blitzblanken Rüstung des Heiligen Georg - und zwar so, dass der Betrachter ihr in den Ausschnitt gucken kann.

Man kann sich leicht ausmalen, wie dies den alten Tizian wurmte, wie er sich über die Effekthascherei des jungen Emporkömmlings aufregte. Und doch war er gezwungen, nun umgekehrt auch solche Perspektiven zu bieten. Schließlich entzog er sich dem direkten Wettbewerb, indem er zum Hofmaler der Habsburger wurde. Tintoretto hatte die schönste aller Städte für sich - a star was born.