Kunst: Berlin gewinnt sein Publikum

Städtevergleich: 2010 liegt die Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet. Die Bundeshauptstadt lehrt, wie man Kunst optimal an den Mann bringt.

Berlin/Düsseldorf. Berlin hat in allem, was die Kunst betrifft, die Nase vorn. Allein in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz werden 16 Museen von 9000 Mitarbeitern betreut. Es hat mehr Kunst als jede Stadt auf dem europäischen Festland. Die Metropole lockt Touristen und Kreative an. Während im Rheinland bis auf Ausnahmen wie "Bonjour Russland" oder Mondrian die Ausstellungen wenig beachtet bleiben, ziehen Millionen von Gästen an der Spree von Galerie zu Galerie. Doch lässt sich von Berlin lernen.

Im Haus am Waldsee gastiert Malerstar Norbert Bisky, Sohn des Linkspartei-Chefs Lothar Bisky. Direktorin Katja Blomberg hat Mp4-Player, jene kleinen, handlichen Audioguides, die Videos in Fernseh-Qualität abspielen. Bisky redet dort frank und frei, der Kunstgänger blickt mithilfe des Geräts ins Atelier und lernt den Künstler kennen. "Aus dem Normalen ergibt sich alles. Wir dürfen uns nicht verstecken, das Publikum soll so viel wie möglich wissen", erklärt Blomberg ihre Informationspolitik.

Am Rhein gebärdet man sich dagegen, als gäbe man die Kunst nur Eingeweihten preis. Erst mehrere Monate nach der Eröffnung in der Düsseldorfer Kunsthalle oder zeitgenössischen K21 erscheinen die Kataloge. Und das Kölner Diözesanmuseum verklärt statt aufzuklären. Keine Beschriftung, keine Erläuterung, nichts. "Wo geht es hier zu Stephan Lochner", wollte eine Besucherin wissen. Ein Gast meinte leise, als müsse er sich für die Frau schämen: "Meine Dame, Sie stehen davor."

"Neue Heimat" nennt sich eine grandiose Szene-Schau in der Berlinischen Galerie. 29 Künstler aus 16 Herkunftsländern zeigen ihre Kreativität. In Erklärungen an den Wänden und in einem informativen Audioguide mit O-Tönen lernt das Publikum die Attrappe des russischen Panzers T-72 kennen, die der Bildhauer Michael Sailstorfer von den Chinesen als aufpumpbares Gefährt kaufte. Der Besucher darf über den aufblasbaren Körper lachen, aber er weiß, warum. Im Rheinland glaubt man, die Kunst müsse sich weder verteidigen noch erklären. Damit gewinnt man kein neues Publikum.

Matthias Weischer aus Leipzig war Stipendiat der Villa Massimo und zeigt die dort entstandene Serie "Der Garten" im Neuen Berliner Kunstverein. Die Dame an der Kasse hat den Schauraum im Blickfeld und informiert zugleich über den Künstler, seinen Aufenthalt in Italien und seinen Bilderberg. In Düsseldorf hat der Wächter zu wachen und die Kassiererin das Geld zu zählen, basta. Als im KIT (Kunst im Tunnel) ein Wärter wagte, einem Gast ein Foto zu erklären, wurde sein Vertrag nicht verlängert.

Die Berliner Galerien produzieren und finanzieren nicht nur neue Arbeiten, sie beschäftigen auch eigene Kuratoren von Museumsrang, verwalten Nachlässe, leihen Werke an Museen aus, edieren Kataloge. Die Zeiten, da die Galeristen Hans Strelow und Konrad Fischer in der Düsseldorfer Kunsthalle die Avantgarde vorstellten, sind lange vorbei.

Berlin: Die Bundes- und Landeshauptstadt hat laut Senatsverwaltung rund 124 Museen, 300 Galerien, 5000 Künstler und zwölf Millionen Kunsttouristen.

Köln: Die Domstadt hat einschließlich des Schokoladen- und des Duftmuseums rund 30 öffentliche und private Museen, 1500 Künstler und 120 Galerien.

Düsseldorf: Die Landeshauptstadt hat 20 Museen, 60 Galerien und 1600 Künstler.

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