„Müde Helden“ in der Hamburger Kunsthalle

Hamburg (dpa) - Er ist der Malerstar der Leipziger Schule: Neo Rauch. Die Hamburger Kunsthalle zeigt seine Werke nun erstmals in einem historischen und kunsthistorischen Zusammenhang mit anderen Künstlern.

Die Schau „Müde Helden“ konfrontiert seine Arbeiten mit Bildern des Schweizer Malers Ferdinand Hodler (1853-1918) und des Russen Aleksandr Dejneka (1899-1969). Im Mittelpunkt stehe die Entwicklung der Utopie des „Neuen Menschen“ im 20. Jahrhundert, sagte Direktor Hubertus Gaßner am Donnerstag in Hamburg. Die Schau umfasst rund 80 Gemälde sowie Grafiken und Zeichnungen und ist von Freitag an bis zum 13. Mai in der Galerie der Gegenwart zu sehen.

„Ich bin zutiefst erstaunt, wie ähnlich sich die Bilder sind“, soll Rauch nach Angaben von Kurator Daniel Koep gesagt haben, als er die Werke der anderen beiden Künstler gesehen hat. Einige habe er gekannt, andere nicht. „Bei der Präsentation seiner Werke hat er uns freie Hand gelassen - sehr ungewöhnlich für einen Künstler“, meinte Koep. Die Ausstellung lebt von dem Vergleich der Bilder der drei Künstler, die trotz ihrer Unterschiede in der Ausführung ähnliche Themen aufgreifen. Allen drei gemeinsam ist die Suche nach dem Ideal eines neuen Menschen, das sich bei Rauch in eine Absage an die Fortschrittsgläubigkeit und an jegliche Ideologie äußert.

Am Anfang dieser historischen Entwicklung steht der Schweizer Maler Ferdinand Hodler. Er ist einer der künstlerischen Vertreter der Lebensreformbewegung, die sich einerseits aus Ideen der Romantik speist und andererseits für die Geburt des Neuen Menschen christliche Motive reaktiviert. Der im Westen weniger bekannte, 1899 in Kursk geborene russische Maler Aleksandr Dejneka war zwischen 1918, dem Todesjahr Ferdinand Hodlers, und der Verordnung des Sozialistischen Realismus in der Sowjetunion im Jahr 1932 ein Protagonist der postrevolutionären Malerei. In seinen Gemälden ersetzt Dejneka die aufblühende Natur durch im Aufbau befindliche Industrielandschaften.

So zeigt Hodler in seinem großformatigen, für den Neubau des Hauptgebäudes der Universität Jena geschaffene Gemälde „Auszug der deutschen Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“ (1908) im unteren Bildteil Studenten, die sich auf den Kampf gegen Frankreich vorbereiten, und im oberen Bildteil eine Marschkolonne von Soldaten im Gleichschritt. In Dejnekas Gemälde „Die Verteidigung von Petrograd“ (1927) ist es genau umgekehrt: Zunächst marschieren die Arbeiter geschlossen in den Krieg, um dann als müde und verletzte Helden zurückzukehren. In Rauchs Gemälde „Aufstand“ (2004) liegt der Künstler im Bett und schläft - statt Revolution geht es nur noch um den Kampf um die innere Freiheit.