Skulpturenmpark Waldfrieden: Frisch gepresste Blechkunst
Tony Cragg zeigt Werke des Amerikaners John Chamberlain.
Wuppertal. Tony Cragg macht es den Museumsleuten vor, wie man als Privatmann die Klassiker der Moderne wiederentdecken und der Öffentlichkeit zeigen kann. Seine Reihe berühmter Bildhauer mit Mario Merz, Eduardo Chillida, Jean Dubuffet und nun John Chamberlain in der Ausstellungshalle des Skulpturenparks Waldfrieden ist kaum zu toppen.
John Chamberlain (82) hat 1957 mit den ersten lackierten Eisenblechen, in der Regel Autoblechen vom Schrottplatz, Furore gemacht. Seit den 1970er Jahren ordert er sein Material direkt aus den Autofabriken in Europa und Amerika. Anfangs bemalte er es noch, führte Dialoge zwischen den Industrielacken und den selbstgemischten Farben. Dann geriet er so in Vergessenheit, dass von ihm hierzulande keine Ausstellung mehr zu sehen war.
Dabei arbeitet er mehr denn je. Die Ergebnisse, vielfach ungespritzte Blechteile und Stoßstangen, werden so meisterhaft unter der Metallpresse gefaltet, gequetscht, gestaucht und verschweißt, dass sie zu Sinnbildern der ihnen innewohnenden Dynamik werden. Chamberlain ist im hohen Alter moderner denn je.
Diese ungeahnte Kraft im bloßen Blech interessiert den Bildhauer Tony Cragg als Gastgeber seines amerikanischen Kollegen: "Beispielhaft, wie Chamberlain aus flachem Blech phantastische Dinge fertigt. Blech ist ja fast so verletzlich wie ein Stück Papier. Indem er es mit irrsinniger Energie zerknautscht, erhält es ungeahnte Festigkeit. Das geschieht ausschließlich durch den Druck, den man aufwendet. Diese Energie bleibt und verleiht Stabilität."
Falten, Grate, Brüche, das sind Chamberlains Themen. Sie ziehen sich seit den frühen Arbeiten mit den geradezu nostalgisch wirkenden Farben durch sein Werk. Heute sind die Industrie-Lacke hart und kräftig, früher gab es eher liebliche Töne wie Orange, Hellgrün oder Himmelblau.
Die Schrott-Kompositionen der letzten Jahre erscheinen trotz Reduktion auf die metallische Silberfarbe majestätisch. Der Edelstahl blitzt im Licht der Scheinwerfer. Die Spiegelungen geben den Skulpturen eine Aura. Von weitem sehen die gepressten, gestaffelten und gegeneinander gesetzten Werke wie klassische Figuren aus, nur prächtiger und mächtiger, strahlend und frischer im silbernen Glanz.
"Die Skulpturen sind intelligent gebaut", sagt Cragg. "Wenn man einen Kratzer am Auto hat, reagiert man emotional. Aber bei Chamberlain geht es nicht um Kratzer, sondern die radikale Reformation eines Industrie-Gegenstandes. Das ist etwas Radikales und sehr Schönes."