Evolution oder Revolution? Neues Album von Beyoncé

Berlin (dpa) - Tiefstapeln ist ihre Sache nicht. „Das Album ist definitiv eine Evolution“, schreibt Beyoncé Knowles auf Facebook. „Je älter und reifer ich werde, und je mehr Lebenserfahrung ich habe, desto mehr habe ich zu erzählen.“

Einen einzigartigen Sound will Beyoncé Knowles ihren Fans mit ihrem neuen Album „4“ bieten. Ob sie es schafft, diesen Ambitionen gerecht zu werden, darüber wird in Internet-Foren kontrovers diskutiert.

Denn schon lange vor dem offiziellen Verkaufsstart an diesem Freitag (24. Juni) kursierten die Songs im Internet. Auf Facebook schreibt Beyoncé: „Das ist zwar nicht die Art und Weise, wie ich meine neuen Songs präsentieren wollte, aber ich freue mich über die positive Reaktion meiner Fans.“

Es ist eine Reaktion, die sich aber nicht direkt in Hitparaden-Positionen widerspiegelt. Zwar ist sie seit acht Wochen mit der Single „Run The World (Girls)“ in den US-Billboard-Charts - doch die höchste Position war 29, und momentan rangiert sie nur noch auf der 64. Bisher war Beyoncé auf vorderste Chart-Positionen abonniert, doch derzeit zündet ihr Genre-Mix offenbar (noch) nicht richtig. Auf dem Cover von „4“ ist die 29-Jährige im eng anliegenden lila Kleid zu sehen, ihre Hände verwuscheln gerade ihre Frisur. Nun, man könnte auch sagen: Es ist zum Haareraufen.

Mehr als zwei Jahre hat sie an dem Album gearbeitet, beteiligt waren bekannte Spitzen-Produzenten. Inspiriert worden sei sie von Künstlern wie Fela Kuti, aber auch Stevie Wonder und Michael Jackson, bekannte Beyoncé in einem MTV-Interview. Und „4“ will sie auch nicht in die R'n'B-Ecke gestellt sehen. „Es ist nicht R'n'B, ist kein typischer Pop, es ist nicht Rock - es ist einfach alles, was ich liebe, zusammenzumischen.“

Die Kritik fällt wohlwollend aus. Das „Rolling Stone“-Magazin schreibt: „Es ist ziemlich genau das Album, das ein Pop-Star macht, wenn er sich so fühlt, als müsste er nichts beweisen.“ Viele Kritiker würdigen, dass Beyoncé stimmlich selten besser war. In den Balladen wie „I Care“ kann sie auch wirklich den gesamten Umfang ihrer Stimme nutzen: von feiner Zerbrechlichkeit bis zu selbstbewusster Stärke. Allerdings: Phasenweise klingt Beyoncé einfach nur wie Whitney Houston auf dem Soundtrack zu „Bodyguard“. Es rettet das Album, dass nicht nur langsame Songs, sondern auch schnellere, experimentellere Stücke auf „4“ zu finden sind.

Für Aufsehen sorgt das Video der ersten Single-Auskopplung „Run The World (Girls)“. Beyoncé thront mit Kleopatra-Schmuck im Gladiatorenstil auf einem Pferd, zu sehen sind afrikanische Tänzerinnen. Der Song mit seinem Stakkato-Stil klingt phasenweise auch nach einem afrikanischen Stammestanz, Synthie-Pop kombiniert die 29-Jährige mit zeitgemäßen R'n'B-Elementen. Die archaische, bürgerkriegsähnliche Szenerie könnte aber auch im Maghreb spielen. Die tanzenden Frauen revoltieren gegen die Herrschenden, Beyoncé setzt sich mit wehender roten Fahne an die Spitze der Revolution.

Musikalisch gesehen ist „4“ keine revolutionäre Entwicklung, aber Beyoncé beweist sich selbst und ihren Kritikern, dass sie noch für Überraschungen gut ist. Ob die Fans diese Überraschungen - die Beyoncé Evolution nennt - allerdings wirklich mögen, bleibt abzuwarten.