Iggy Pop wird 60: Weder Punk noch Pop, sondern Jazz

Punk-legende: Am Samstag feiert Iggy Pop, der „Godfather des Punk“, seinen 60. Geburtstag.

Düsseldorf. Man sagt, dass ein guter Jazzer immer und immer wieder den gleichen Song spielt, bis auch der Letzte seine Schönheit verstanden hat. So gesehen ist Iggy Pop ein Jazzer. Viele Töne beherrschte der Sänger der Stooges nie - aber diese wurde er nicht müde zu spielen. Als die Band sich vor 36 Jahren auflöste, konnten die Leute nichts anfangen mit seinem Krach. Die Stooges hatten den Punkrock vorweggenommen, der erst vier Jahre später erfunden werden sollte. Morgen wird der "Godfather des Punk" 60 Jahre alt. Der Körper ist ausgezehrt, die Haut ledrig, das halblange Haar nachlässig gefärbt: Iggy Pop sieht lange schon aus, als wäre sein eigener Leichnam von einem außerordentlich talentierten Bestatter präpariert worden. Als James Osterberg begann, unter dem Namen Iggy Pop zu wüten, sagte man nur Pop, wenn es um Kunst ging und Kultur, wenn etwas außerordentlich und übertrieben schien und noch nicht alles, also nichts bedeutete wie heute.Er war schon Punk, als es Punk noch gar nicht gab und gerade Woodstock und die Flower-Power-Bewegung angesagt waren. Statt Liebe, Frieden und Gemeinsamkeit besangen die Stooges Langeweile und Frustration mit misanthropischen Texten wie 1969: "Last year I was twenty-one/didn’t have a lot of fun/now I’m gonna be twenty-two/another year with nothing to do". Viele Songs sang er nicht, er spuckte sie aus. Für seine Fans war und ist Iggy Pop die ultimative Verkörperung von Sex, Drugs and Rock’n’Roll.

Nur Schmerzen konnten ihn aus der Langweile befreien

Bei seinen Bühnenshows demonstrierte er, dass nur Schmerzen ihn aus der Langeweile befreien konnten: Er robbte nackt durch Glassplitter, schmierte sich mit Erdnussbutter voll und taumelte blutend von der Bühne, während sich die Musiker zum Rückkopplungsgeheul an die Verstärker lehnten. So viel inszenierten Selbsthass hält auf Dauer keiner durch, und so war Iggy Pop zwei Mal schon fast von der Bildfläche verschwunden. 1971, als sich die Band trotz exzellenter Alben auflöste und Iggy Pop sich zum Rasenmähen nach Florida zurückzog. Nach einem missglückten Comeback der Stooges im Jahr darauf landete er dann für längere Zeit in einer psychiatrischen Klinik zum Drogenentzug. Beide Male war es sein bester Freund David Bowie, der ihn wieder auf die Bühne schob. Gemeinsam produzierten sie mehrere Alben: "The Idiot" (1977) mit dem gemeinsam geschriebenen Bowie-Hit "China Girl", "Lust For Life" (1977) mit dem Dauerbrenner "The Passenger" und die Live-LP "TV Eye" (1978). Mit Bowie lebte Iggy Pop in den 80er Jahren auch eine Zeit lang in Berlin. "Ich wohnte in Schöneberg, in einem Hinterhof, ohne Zentralheizung, für 180 Mark im Monat", erinnert er sich. Den ganz großen Erfolg landete Iggy 1987 mit der Cover-Version von "Real Wild Child". Es war seine erste Top-Ten-Platzierung. Sein Leben findet Iggy Pop mit 60 übrigens spannender als je zuvor. "Zum ersten Mal habe ich alles, was ich immer wollte: coole Autos, heißen Sex, eine gute Band und ordentliche Gigs. Und ich wache nicht auf und fühle mich krank", sagte der US-Musiker vor kurzem der "New York Daily News". Statt an LSD hält sich Iggy Pop lieber an ein paar gepflegte Gläser Bordeaux. Er schwimmt regelmäßig, praktiziert Tai Chi und wohnt in einem kleinen Dorf in Florida. Seinem mit tiefen Furchen durchzogenen Gesicht sind die Jahre anzusehen. Seine Musik klingt jedoch noch wie damals. Es sind dieselben lausigen paar Töne. Ein Jazzer eben.