Teen-Pop: Avril Lavigne - Covergirl im Colarausch

Avril Lavigne ist mittlerweile 22, klingt aber immer noch wie 15. Der Erfolg gibt ihr zwar Recht, ein bisschen komisch ist es aber schon.

<strong>Düsseldorf. Mehr als eine griffige Sammelbezeichnung ist von dem, wofür dieser Begriff einmal stand, nicht übrig geblieben. Irgendwie ist alles Punk, was dagegen sein will, Autoritäten ignoriert und das Anderssein zur politischen Botschaft erhebt. Wer im Pop-Business etwas darstellen will, wäre also schön blöd, von sich zu behaupten, er wäre kein Punk. Gut, mal abgesehen von Heino und Campino. Die könnten damit Kaufrückgänge riskieren. Aber sonst? Sonst will doch alles Punk sein!Britney Spears wollte rebellieren, malte sich Kajal auf die Lippen und Gloss unter die Augen und landete als tätowierter Skin in der Nervenheilanstalt. Robbie Williams verkraftete sein Dasein als rotziger Dandy nicht mehr und trat letzten Endes den gleichen Gang an. Und Avril Lavigne? Ja, was ist eigentlich mit Avril Lavigne, diesem kleinen Punk? Die nahm eine anderthalbjährige Auszeit, schnupperte mit zwei kleineren Rollen in Hollywood rein, bastelte an neuen Songs und heiratete ihren Freund, Sum-41-Sänger Deryck Whibley, solide, traditionell, mit weißem Kleid und roten Rosen. "Ich will mir nicht in 20 Jahren das Hochzeitsalbum anschauen und mich dann fragen, was ich da Komisches getragen habe", rechtfertigt sie die Kleiderwahl. Lavigne ist eben kein Punk. Und möchte auch keiner sein.

Sind ihre Fans immer noch Zahnspangen tragende Teenies?

Lavigne ist vielmehr mittlerweile 22, Ehefrau, gefragtes Covergirl mit Hochglanz-Appeal, und eine, laut eigener Angabe, begnadete Köchin. In ihren Songs singt sie aber immer noch von blöden, schönen und gemeinen Jungs, dieser Wurzel allen Übels und Glücks für weibliche Teenies. "Ich möchte deine Freundin sein", krakeelt sie auf der ersten Single-Auskopplung ihres aktuellen Albums "The Best Damn Thing", auf Deutsch, wie auch in sieben weiteren Sprachen. Die Kanadierin weiß, was sie ihren Fans schuldig ist. Aber sind ihre Fans immer noch Zahnspangen tragende Teenies? Sollte sie mit 22 nicht langsam mal von was anderem als Kribbeln im Bauch und wildem Party-Geknutsche singen? "Es ist ein Spaß-Song", sagt sie. "Ich singe ja nicht zwingend immer über mein Privatleben!" Lavigne hat sich also damit abgefunden, die flippige Göre fürs Jungvolk zu sein. Und das, obwohl sie mit ihrem letzten Album "Under My Skin" bereits ein gutes Stück nach vorn gegangen war. Songs wie "Don’t Tell Me" oder "My Happy Ending" klangen abgeklärter, wenn man so will erwachsener. 19 war sie damals, fast 20. In den USA, ihrer Wahlheimat, zwar noch minderjährig, für alle sichtbar aber schon zur Frau gereift. Vertrackte Rocksongs hätte man nun als nächsten Schritt erwartet, Musik, wie sie ihr großes Vorbild Alanis Morissette macht. Stattdessen sind die Zeiten des besinnungslosen Spaß-Rockens wieder ausgebrochen. Lolita-Mini und Wasserstoff-Mähne können über die Lollipop-Launigkeit ihres aktuellen Videos nicht hinwegtäuschen. Sie zappelt wie Pippi Langstrumpf im Colarausch, es war das erste Mal, dass sie für einen Dreh eine Choreo einstudiert hat. Wieder ein Zeichen dafür, dass sie sich arrangiert, aber auch, dass sie gut damit zurecht kommt. Ein Punk war sie nie, und ein Punk wird sie auch nie. Das überlässt sie lieber Britney.

Das Album: "The Best Damn Thing"

Kurzkritik Nein, der Schein trügt nicht. "Girlfriend", die erste Single, ist kein Einzelfall. Fast jeder Song brettert mit ungestümem Backfischdrang an die Front. Jede Menge Yeah-Yeahs und Hey-Heys, rappelndes Schlagzeug sowie ein erstaunlich monothematisches Textreservoir (Jungs!) katapultieren Avril Lavigne zurück in alte Teenie-Tage. Das Album klingt, als wollte sie krampfhaft dieses Stück Jugend nachholen, das Jungstars gerne mal verwehrt bleibt.

Highlights Schön atmosphärisch ist das melancholische "Keep Holding On", das bereits auf dem Soundtrack zum Fantasy-Film "Eragon" zu hören war. "One Of Those Girls" überrascht trotz Schrammeligkeit mit einer guten Melodie.