Katie Melua ist mehr als süß
Die Sängerin macht die Zuhörer in der Philipshalle ungeduldig und reißt sie dann hin zu Begeisterung. Am Ende sind alle ergriffen.
Düsseldorf. In der Philipshalle machen sich erste Anzeichen von Meuterei bemerkbar. Zu lange dauert die Umbaupause zwischen Support-Act Andrea Mc Ewan und dem Star des Abends, Katie Melua. Die Pfiffe sind schon recht laut, als die zierliche Katie endlich allein mit ihrer Gitarre vor den Vorhang tritt und zu singen beginnt. Schlagartig verstummt die ausverkaufte Halle, und verziehen ist alle Warterei.
"Piece to Piece" lullt die sanfte Zauberstimme die knapp 6000 Zuschauer ein. Gleichzeitig wird ihr Gesicht so groß auf die Videoleinwand projiziert, dass man jede Pore sieht. Zuckersüß wie die Stimme ist die ganze Erscheinung und säße in diesem bildhübschen Puppengesicht nicht ein Kinn wie von Kirk Douglas, es wäre fast zu niedlich.
Denn sie kann mehr als süß sein. Es gelingt ihr mit dem Randy Newman-Song "I think it’s going to rain", eine fantastisch dichte Atmosphäre in der großen Halle zu erzeugen, bevor sie sich an den Flügel setzt und in den bluesigen Teil des Abends übergeht. "My aphrodisiac" macht den Saal wieder munter, die exzellente Band kommt zum Einsatz, und eingeschlafene Füße wachen auf.
Katie Melua zeigt, dass sie schnelle, rockigere Nummern sehr mag, wenn diese Liebe auch etwas einseitig scheint. Der American Songbook-Klassiker "Blues in the night" steht ihr zwar, aber sie ist einfach keine Blues-Braut. Ihre Interpretationen haben durchaus Charme und Originalität, aber richtig überzeugend ist sie nur bei ihren zarten Balladen. "If the lights go out" und "This is the clothest thing to crazy" sind wunderschöne anrührende Liebeslieder, bei denen sich Gänsehaut und Schmetterlinge im Bauch einstellen.
Ein ganzes Konzert lässt sich damit freilich nicht bestreiten, dann würde das eh schon leicht lethargische Publikum sich wahrscheinlich vollends den Träumen überlassen. Ob aber ein Weckruf durch eine Version der Canned Heat-Single "On the road again" erfolgen muss, sollte sie vielleicht noch einmal überdenken. Genauso wie die Wahl von "Kozmic Blues" als Zugabe, einer zu großen Hausnummer, an der schon andere Sänger gescheitert sind.
Sie versöhnt mit "I cried for you", in das sie ihre ganze Empfindsamkeit legt und das die Riesenhalle noch einmal komplett verstummen lässt.