Sieg für die Freundlichen Vier

Die britische Band Coldplay gab in der Düsseldorfer Arena ein begeisterndes Konzert.

Düsseldorf. Sie sind längst ganz oben angekommen. Coldplay, die derzeit wohl erfolgreichste Band des Planeten, muss sich nicht mehr dafür entschuldigen, sentimental, bombastisch oder vermeintlich künstlerisch anspruchslos zu sein. Vor der aktuellen CD "Viva La Vida" hatte das Quartett noch mit Auflösungsgedanken gespielt- aber wie kreativ, abwechslungsreich und mit welcher offensiven Freund- und Fröhlichkeit die Band aus London die Krise überwunden hat, demonstriert sie am Donnerstag in der Düsseldorfer Arena eindrucksvoll.

Die vorletzte Station der Sommer-Open-Air-Tour - letzte Station ist heute München - entlässt die rund 45 000 Zuschauer in bester Laune. Nur knapp zwei Stunden stehen und laufen der charismatische Frontmann Chris Martin sowie Jonny Buckland, Guy Berryman und Will Champion auf der überbreiten Bühne und den beiden Stegen. Aber von der ersten Sekunde an versprühen sie eine solche Energie und Lust an der eigenen Musik, dass auch der letzte Skeptiker mitgerissen worden sein dürfte.

Den Beginn macht die "schöne blaue Donau" und ein Flug vom Himmel auf die Erde: Per Google Earth wird auf den riesigen Projektionsflächen des Bühnenhintergrundes aus dem All die Arena der Landeshauptstadt angesteuert. Wenn das eine Art Engelssturz darstellen soll, dann passt er zur Gefühlswelt von Coldplay. Denn die Bandmitglieder haben sich am University College kennen gelernt und sind bis auf einen Abbrecher examinierte Akademiker, die Antike Geschichte, Astronomie oder Anthropologie studiert haben. Als solche sind sie musikalische Sehnsuchtsexperten und nehmen bewusst Wünsche nach Geborgenheit in Zeiten der Krise auf.

Das gilt textlich wie kompositorisch, denn die Steigerungen, wabernden Harmonien und Kakophonien in Coldplay-Songs kontrastieren immer wieder mit der gebrochen-hohen Kopfstimme Martins, die sich auch in Düsseldorf immer mal wieder eine Erholungspause eine Okatve tiefer gönnt. Es passt, dass sich die erste kollektive Gänsehaut bei den Konzertgästen einstellt, als Martin "Fix You" anstimmt, eine urromantische Hymne von Nachhausekommen, Hilfe und Zuneigung. Als am Ende des Songs vom Dach der geöffneten Arena Raketen in den blauschwarzen Himmel steigen, den vermutlich Magritte eigens für diesen Abend ans Firmament gemalt hat, ist der Jubel bald grenzenlos. Lauter wird er nur noch bei "Viva la Vida", das mit all seiner Lebensfreude auf der anderen Seite der Einsamkeitsmünze eingraviert steht.

Coldplay gehen, das zeigt sich in so mancher kleinen Anlehnung an späte Beatles-Songs sowie ihrem fantasie-militärischen Bühnen-Outfit, locker als Sgt. Pepper’s Hilfskompanie durch. Diese Romantiker sind vielleicht nicht epochestiftend erfinderisch wie die "Fab Four", aber als die Freundlichen Vier dürfen sie sich feiern lassen. Das ist und wird so bleiben, auch wenn Brian Eno beim nächsten Mal erneut als Co-Produzent das Image der Band klanglich aufraut.

Um eine volle Arena zu beglücken, braucht es aber mehr. Stimmungsvoll sind im großen Rechteck große Ballons und die Boxentürme illuminiert. Die Fans der aktuellen und etwas rockigeren CD werden zufriedengestellt, da fast alle Songs des Albums erklingen. Aber auch Hits wie "In My Place" oder "The Hardest Part" stehen auf der Playlist, und bei "Yellow" hüpfen große gelbe Ballone über den Köpfen. Spaß pur.

Hauptgarant und Fixpunkt der Show ist immer wieder Martin. Er torkelt, läuft und springt, als wollte er am morgen von Arsenal London verpflichtet werden. Er nennt seine Zuschauer "meine Freunde" und wird frenetisch begrüßt, als er mit seinen Kumpanen durch den Innenraum zur anderen Seite der Arena läuft und dort auf einer Mini-Bühne einige Songs spielt. Dass es mit "Billy Jean" auch noch eine Hommage an Michael Jackson gibt, ist schon fast zuviel des Guten.

Das Schlussfeuerwerk und für jeden Zuschauer als Geschenk eine Live-CD bilden den würdigen Abschluss der großen Coldplay-Party.