Kölner Messe: c/o pop - Nur live ist Musik noch sicher
Beim Auftakt des Branchentreffs c/o. Pop geht es um deren Zukunft im Internet. In der Philharmonie begeistert „Beirut“.
Köln. Internet-Blogger Johnny Haeusler brachte es bei der Auftaktdiskussion der Kölner c/o pop in den Opernterrassen auf den Punkt: "Für die reine Musikdatei wird nie wieder jemand etwas bezahlen."
Zuerst habe man die Vinylscheiben gekauft, dann kamen CD und Blu-ray-Discs. Damals sei es darum gegangen, jederzeit über Musik verfügen zu können.
"Warum sollte jetzt jemand für eine MP3-Datei noch Geld ausgeben, wenn man auf sie im Internet rund um die Uhr zugriff hat", fasste der Berliner seine Prophetie der Zukunft der Musikindustrie zusammen. Allenfalls werde noch für den Service gezahlt, den Onlineplattformen beim Herunterladen bieten.
Die Plattenfirmen müssten sich deshalb weiterentwickeln und neue Vermarktungsformen finden. "Wenn ich sehe, für welches Konzert oder welches Band-T-Shirt heute Geld ausgegeben wird, weiß ich, womit ich etwas verdienen kann", sagt Haeusler, der selbst jahrelang als Musiker gearbeitet hat und nun die Blogger-Plattform Spreeblick betreibt.
Wie das konkret aussieht, erklärte Sascha Lazimbat vom Warner-Vorstand, wo Künstler wie Udo Lindenberg, Green Day oder Peter Fox unter Vertrag sind: Dort gibt es inzwischen die eigene Konzertagentur genauso wie ein Modelabel und eine große Merchandising-Abteilung für die entsprechenden Fan-Produkte.
"Wir haben auch den Internetauftritt unserer Künstler grundlegend überarbeitet. Letztlich geht es um eine 360-Grad-Vermarktung der Musiker", sagt der Manager.
Dass Musik im Internet quasi im rechtsfreien Raum lebt, ist für die Georg Oeller, Vorstandsmitglied der Verwertungsgesellschaft Gema, ein Skandal.
"Was dort heruntergeladen wird, daran haben die Kreativen Rechte, die wir für sie vertreten." Schon die Buchverlage hätten sich erfolgreich gegen Google gewehrt, das müsse über einen Konsens auch bei der Musik möglich sein.
"Das Recht ist im Internet durchsetzbar, es geht schließlich um wertvolle Inhalte", betonte Lazimbat, der allerdings in Vorschlägen wie der Kulturflatrate keine gerechte Lösung sieht.
"Was dort eingenommen wird, können wir nur per Pau³schale ausschütten." Auch bei den Geschäftsmodellen der Mobilfunkhersteller oder Computerfirmen sieht der Musikmanager noch nicht die perfekte Lösung.
Dass die c/o pop, die in diesem Jahr zum sechsten Mal stattfindet, bei der Suche nach einer Zukunft für die Musikwirtschaft auf dem richtigen Weg ist, betonte Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma in seinem Grußwort: "Es ist ein Verdienst der c/o pop, dass sich Köln noch mit Städten wie Berlin und Hamburg messen kann", sagt der OB. Sie stärke den Standort Köln.
Was die Spielstätten von c/o pop angeht, zeigt sich ihr Erfolg auf Anhieb. Das Konzert mit John Watts in den Opernterrassen und der Auftritt der US-Folkband Beirut in der Philharmonie waren nahezu ausverkauft.
Insbesondere das letztere Konzert konnte überzeugen. Die Band um Zach Condon, die in ihren Liedern die Musik der osteuropäischen Sinti und Roma mit Pop, mexikanischer Folklore und russischer Polka verbindet, begeistert vom ersten Song bis zur letzten Zugabe.
Vor allem das spannungsgeladene Zusammenspiel von euphorischen Bläsern und dem melodischen, stets leicht melancholischen Gesang machen den Reiz des Auftritts von Beirut aus, die die Fans mit langem Jubel belohnen.