Lenka: Eine Waldfee als Stimmungsverstärker

Die Australierin Lenka macht Wohlfühlsongs, gegen die man sich eigentlich wehren will, so süßlich sind sie. Das Problem daran ist: Man kann es nicht.

Düsseldorf. Lassen Sie, bevor Sie diesen Text weiter lesen, kurz die beiden Bilder auf sich wirken, in ihrer ganzen, satten Farbenpracht. Und wenn Sie, trotz dieser grellen Bonbondosen-Inszenierung, immer noch interessiert daran sind, was die junge Dame, die hier so gekonnt zwischen unbedarft und kokett posiert, musikalisch so alles treibt, bedarf es bereits nicht mehr vieler Worte. Lenka macht Pop, knallig, eingängig, wohltuend naiv und bis zur Schmerzgrenze süßlich. Ein bisschen, als wäre sie in einem Doris-Day-Fanclub großgezogen worden, wahrscheinlich gemeinsam mit Mika, der es ebenfalls beherrscht, knallige Melodien in die Glückseligkeit zu arrangieren.

Tatsächlich aber verlief die Biografie der 31-jährigen Lenka Kripac völlig anders. Wo sie aufwuchs, waren höchstens manche Tiere, denen sie im Busch begegnete, adrett und poussierlich. Ansonsten lief alles sehr geerdet ab. Der Vater, ein tschechischer Hippie, der in den 70ern nach Australien auswanderte, ließ sich an der Südküste Australiens nieder, dort wo die Natur noch urwüchsig bis an die Fußmatte reicht. Hier verbrachte Lenka, deren exotisch anmutender Name nichts anderes als die tschechische Verniedlichungsform von Lena ist, auch ihre ersten sieben Lebensjahre, was nicht zwingend prägend sein müsste, es in ihrem Fall aber recht offensichtlich war, weil sie sich eine gewisse Waldfeenhaftigkeit bis heute bewahrt hat.

Mal verklimpert, mal violinenverhangen stromern ihre Songs vor sich hin, als wäre da jemand, der partout nicht erwachsen werden will, auf der ständigen Suche nach Rechtfertigungsgründen für seinen Peter-Pan-Komplex. Trotz allen kalkulierten Wohlklangs geht es textlich um erstaunlich existenzielle Themen wie mangelndes Selbstwertgefühl, Angst vor zu viel Nähe oder das Hadern mit dem hohlen Dasein als Showstar.

Denn das privilegierte Leben als Promi führt Lenka bereits seit ihrem 20. Lebensjahr. In Sydney, wohin es die Eltern nach ihren Jahren in der Wildnis verschlug, nahm sie Schauspielstunden, unter anderem bei Cate Blanchett. Von Musik wollte sie als Teenager nichts mehr wissen, den Klavierunterricht empfand sie als Zwang, von dem sie sich mit 16 löste. Stattdessen wurde die Jugendliche fürs Fernsehen entdeckt - in der australischen Krankenhausserie "G.P." gehörte sie zeitweise zum festen Ensemble. Engagements in erfolgreichen Independent-Produktionen folgten.

Doch auch hier wollte sie sich letztlich nicht so richtig heimisch fühlen. "Das Leben", so sagt sie, "ist zu schön, um immer das Gleiche zu tun." Sie heuerte bei der Electro-Combo Decoder Ring an, wurde für zwei Alben deren prägnante, leicht versäuselte Stimme, was die Produzenten dazu bewog, zu denken, aus der kann man doch einen erfolgreichen Solo-Star machen.

Und tatsächlich: Bislang verläuft das Projekt, alleine die Bühne zu füllen, ganz vielversprechend, vor allem befeuert durch ihren selbstgeschriebenen Song "The Show", der seit einem Jahr die Radiostationen weltweit zunächst allmählich infiltriert und schließlich dominiert hat. "Das Leben ist ein Irrgarten, die Liebe ein Rätsel, und ich bin mittendrin gefangen in dieser Show", singt Lenka. Das scheinbar beschauliche Liedchen ist eines dieser raren Beispiele, wie Songs bereits beim ersten Hören Völlegefühle erzeugen können, sich dann aber doch mit beherzter Einfachheit einschmeicheln, bis man sie letztlich ins Herz schließt.

Stimmungsverstärker nennt Lenka ihre Musik selber, und damit hat sie nicht ganz unrecht. Sofern man bereits gute Laune hat, heben die Songs einen noch eine Euphoriestufe nach oben. Andersrum funktioniert das allerdings genauso. Ist man schrecklich genervt, warum auch immer, möchte man den CD-Player zertrümmern.