Sven Regener: Hauptsache es bleibt spannend

Berlin (dpa) - Das Umfeld passt perfekt zu Sven Regener: Im traditionsreichen „Café Einstein Stammhaus“ im Westberliner Stadtteil Schöneberg spricht der Sänger von Element Of Crime über das neue Album „Lieblingsfarben und Tiere“, Bremer Dialekt und den Reiz des Wortes „Schwachstromsignalübertragungsweg“.

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Frage: Herr Regener, wir treffen Sie heute nicht als Romanautor, sondern als Sänger von Element Of Crime. Und bei solchen Interviews sitzt immer eine Bandkollege mit am Tisch.

Regener: Klar, weil das hier absolut kein Soloprojekt ist. Ich darf ja singen bei dieser Band. Und es macht uns allen einfach immer noch viel Spaß. All diese Jahre, die gingen ja vorbei wie im Flug. Ich wundere mich selbst, dass es überhaupt keine Ermüdungserscheinungen gibt. Vielleicht auch, weil wir mal Ruhepausen eingelegt, auch mal etwas nicht gemacht haben. Frage: Das Geheimnis des Erfolges: Von Zeit zu Zeit Abstand?

Regener: Das hilft natürlich. Wir haben jetzt für diese Platte die Songs Nummer 132 bis 141 geschrieben. Da überlegt man sich schonmal, was man noch hinzufügen will. Man möchte sich ja auch nicht vor sich selbst lächerlich machen.

Frage: Und wie motivieren Sie sich immer wieder neu für die Band?

Regener: Man muss es auch für sich selbst spannend finden, was man tut. Wir können doch nicht ein Dreivierteljahr unseres Leben an eine Platte drangeben, die uns selbst nichts bringt. Soviel Zeit habe ich nicht mehr. Wenn wir alle fünf Jahre eine Platte machen - zehn werden es dann nicht mehr sein. Das wird knapp.

Frage: Was ist neu an „Lieblingsfarben und Tiere“, ihrem 13. Studioalbum in knapp 30 Jahren?

Regener: Die letzte Platte war etwas folkiger, mit der Geige von Christian Komorowski. Diesmal, mit Saxofon und all den Bläsern, wurde es etwas jazziger. Und so eine gewisse Härte und Kälte erinnern mich an unseren Sound der 80er Jahre. Aber eigentlich können alle anderen das wohl besser beurteilen als wir, was diesmal anders ist...

Frage: Gehen Sie eigentlich mit zehn fertigen Songs ins Studio, oder wie entwickelt sich so ein Album?

Regener: Immer wenn zwei Lieder fertig waren, sind wir damit ins Studio gegangen, hier mal drei Tage, da mal vier Tage, dann wieder ein paar Tage frei. Wir waren diesmal insgesamt wenig im Studio. Für „Die schönen Rosen“ waren es mal sechs Wochen, das hat mich fast gekillt.

Frage: Ihr Bandsound ist ja sehr typisch, sehr eigen. Sind Sie froh, damit in der deutschen Popszene quasi ein Alleinstellungsmerkmal zu haben?

Regener: Das Element-Of-Crime-Ding, das ist ja auch dieser leicht rumpelige Sound. Den kann man nicht imitieren - nur bei Element Of Crime ist auch Element Of Crime drin. Bands, die sich „dauernd neu erfinden“ - das ist doch alles Marketing-Quatsch. Man kann das auch doof finden, was wir machen - aber wer solche Musik will, der kriegt sie eben nur bei uns.

Frage: Ihr Gesang klingt diesmal so norddeutsch wie noch nie. Heben Sie Ihren Bremer Dialekt jetzt besonders hervor, so wie früher Rudi Carrell das Holländische?

Regener: Ja, dieses lange A, das ist ein typisch bremerisches Ding, mit so 'nem Quaken drin. Da hat man Spaß dran. Es ist auch eine Frage des Mutes. Früher war da mehr Angst, provinziell zu erscheinen. Ich stehe eigentlich nicht so auf Norddeutschen-Folklore - aber manchmal eben doch!

Frage: Der Titelsong enthält Worte, die ich noch nie in einem Lied gehört habe: „Schwachstromsignalübertragungsweg“ oder „Excel- und Word-Dokumente“. Wollten Sie sich bewusst von dem Klischee absetzen, dass ein Sven Regener von sowas bestimmt null Ahnung hat?

Regener: Also erstmal geht es in dem Lied ja nur darum, dass es Tage gibt, wo man sagt: Ich habe jetzt keinen Bock, lasst mich alle in Ruhe. Das macht schonmal Spaß, darüber zu singen. Und zum Thema Internet: Ich habe meinen Anschluss seit 1997 - das ist ein uralter Hut für mich.

Frage: Ein Lied wie „Rette mich vor mir selber“ klingt deprimiert - wie viel Autobiografisches steckt da drin?

Regener: Ach, man findet natürlich immer viel von sich selber in seinen Liedern - nur nicht unbedingt da, wo es andere vermuten. Immerhin blicke ich auf ein 53-jähriges Leben zurück und kenne diese Situationen. Aber in der Kunst spielen wir ja auch, wir berichten nicht nur. Wir spielen mit Rollen, mit Situationen, mit Möglichkeiten, mit Haltungen. Frage: Zu guter Letzt dann doch noch die Frage an den Romanautor Regener: Was gibt's Neues?

Regener: Ich schreibe gerade mit Andreas Dorau zusammen das Buch seines Lebens, die schönsten und lustigsten Geschichten. Das wird ein echter Knaller. Kommt nächstes Frühjahr raus. Quasi ein Episodenbuch, natürlich auch mit der Geschichte von „Fred vom Jupiter“. Andreas läuft immer um mich herum, und ich muss das dann auftippen. Macht echt Spaß.

ZUR PERSON: Sven Regener (53) ist Frontmann der erfolgreichen deutschsprachigen Popband Element Of Crime. Fast noch bekannter wurde der seit langem in Berlin lebende gebürtige Bremer als Autor von teilweise fürs Kino verfilmten Szene-Romanen („Herr Lehmann“, „Neue Vahr Süd“, „Der kleine Bruder“, „Magical Mystery oder die Rückkehr des Karl Schmidt“).