Meinung Auch ein Autofahrer kann zum Mörder werden

Ein Auto kann als Mordwaffe eingesetzt werden. Die Terroranschläge von Nizza und vom Berliner Breitscheidplatz machen das deutlich. Da wurden Lkw von Terroristen dafür benutzt, so viele Menschen wie möglich zu töten.

Ein Kommentar von Peter Kurz.

Auch in dem mit Spannung erwarteten Urteil des Berliner Landgerichts um ein tödlich verlaufenes Autorennen durch die Berliner Innenstadt geht es um den Vorwurf des Mordes. Ein ebensolches Urteil wünscht sich die Staatsanwaltschaft. Sollte sie damit beim Gericht durchdringen, wäre dies das erste Mal, dass verantwortungslose Raser nicht mit Strafen wegen fahrlässiger Tötung von maximal fünf Jahren davonkämen. Das Strafmaß wäre „lebenslang“.

Halt, das geht nicht, argumentieren die Verteidiger der Angeklagten. Die Männer, die sich das Autorennen lieferten, hätten keinen Vorsatz gehabt, jemanden zu töten. Sie wollten doch nur im Autorennen die Kräfte messen. Mit Blick auf den dabei zu Tode gekommenen Unbeteiligten hätten sie keinen Vorsatz gehabt.

Das kann man anders sehen. Denn als Vorsatz gilt es bereits, wenn ein Täter die möglichen Folgen seines Handelns billigend in Kauf genommen hat. Ein solcher „bedingter Vorsatz“ ist hier sehr wohl möglich, wenn man sich vor Augen führt, was da passiert ist: Die Angeklagten rasten über mehrere rote Ampeln, vorbei an uneinsehbaren Querstraßen, bis schließlich einer der Wagen mit 160 Stundenkilometern ein unbeteiligtes Fahrzeug rammte und durch die Luft schleuderte. Dessen Fahrer war sofort tot. Und die beiden Raser wollen ernsthaft behaupten, dass sie nicht den Tod Unbeteiligter in Kauf nahmen? Bei einem solchen Rennen fährt der Tod immer mit.

Der Mordparagraf definiert denjenigen als Mörder, der die Tat mit gemeingefährlichen Mitteln begeht. „Gemeingefährlich“ ist ein Mittel, wenn es der Täter nicht beherrschen kann und es eine Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen mit sich bringt. Auch das passt sehr wohl für die Zweckentfremdung eines Autos für illegale Autorennen.

Die Berliner Richter könnten ein Stück Rechtsgeschichte schreiben. Wenn sie jedoch wieder nur von Fahrlässigkeit reden, dann wird es allerhöchste Zeit, dass endlich der Vorstoß des Bundesrats umgesetzt wird, wonach illegale Autorennen nicht länger als Ordnungswidrigkeit mit vergleichsweise milden Sanktionen geahndet werden. Schon allein die Teilnahme daran muss zu einer Straftat mit spürbarer Sanktion hochgestuft werden.