Berlin wird nach den zwei Stars aus NRW rufen

Vor allem Hannelore Krafts Persönlichkeit entschied die Wahl.

Klassische Koalitionen mit einem großen und einem kleineren Partner schienen Auslaufmodelle zu sein. Doch nichts da. Die bisherige rot-grüne Minderheitsregierung hat in NRW einen bravourösen Wahlsieg hingelegt. Die zwischenzeitlich zitternden Grünen haben sich wacker geschlagen.

Vor allem die SPD mit der in den vergangenen zwei Jahren sehr souverän gewordenen Hannelore Kraft hat es geschafft, die Wähler zu überzeugen. Entscheidend dafür war die Persönlichkeit Krafts. Und auch wenn sie ihre Zukunft in NRW sieht — das Ergebnis macht Kraft als SPD-Spitzenkandidatin für die nächste Bundestagswahl sehr attraktiv.

Die inhaltlichen Leistungen von Rot-Grün allein hätten wohl nicht so große Zustimmung ermöglicht. Deren Finanzpolitik etwa lässt sich kaum als solide bezeichnen. Doch dank ihrer klaren Mehrheit kann die künftige Koalition jetzt für eine gesamte Legislaturperiode planen. Was hoffentlich im Sinne einer erfreulichen Zukunft des Landes und seiner Menschen gelingt.

Die FDP hingegen wird zwar nicht, wie sie gehofft hatte, zum Regieren gebraucht, hat aber dennoch mit ihrem Spitzenmann Christian Lindner Unglaubliches erreicht. Die Liberalen schienen in NRW längst tot, doch sie vervierfachten innerhalb weniger Wochen gegenüber ersten Umfragen ihr Ergebnis und schnitten besser ab als vor zwei Jahren. Das bedeutet aber auch: Der jetzt endgültig zum politischen Star gekrönte Lindner wird mittelfristig bei der FDP in der Bundespolitik gebraucht werden.

Wie erwartet fiel das Ergebnis für die Piraten aus. Sie müssen jetzt ihre Landtags-Reife beweisen. Ebenfalls keine Überraschung ist das Ausscheiden der Linken. Deren Existenz in westlichen Parlamenten geht zu Ende.

Verblüffend ist, dass die CDU derart katastrophal abschnitt. Es ist konsequent und persönlich beachtlich, dass Norbert Röttgen bereits kurz nach 18 Uhr die Konsequenzen zog. Sein fehlendes Bekenntnis zu NRW und viele unglückliche Äußerungen vermittelten stets das Gefühl, dass ihm der Siegeswille fehlte.

Der Preis für ihn ist, dass er sich seine bundespolitischen Ambitionen abschminken kann. Die Koalition in Berlin hingegen ist wegen des CDU-Desasters in NRW nicht gefährdet, weil die Schuld primär beim Spitzenkandidaten liegt.