Wahlen: Spannender als jeder Tatort
Drei Wahlen — drei folgenreiche Weichenstellungen
Von den drei wichtigen Wahlen dieses Sonntags wird die in Athen am meisten unterschätzt. Denn dort sieht es für die bislang bedeutenden Konservativen und Sozialisten düster aus, weil die Griechen sie für die Finanzkrise verantwortlich machen. Es droht ein in unzählige Gruppierungen zersplittertes Parlament, mit radikalen Linken bis zu Rassisten. Es könnten Europa-Gegner Einfluss gewinnen, die bestenfalls im Euro blieben, aber nicht einsehen, ihre ja bereits gekappten Schulden bezahlen zu müssen. Das würde den Euro-Raum erschüttern und für Deutschland sehr teuer.
Für Deutschland vorerst nicht wirtschaftlich, aber politisch sehr schwierig könnte es werden, wenn in Frankreich der Sozialist Hollande die Stichwahl gewinnt. Dann rächt sich, dass Angela Merkel so konsequent auf den Amtsinhaber Sarkozy gesetzt hat und sie nicht einmal Zeit für ein Treffen mit dem Herausforderer erübrigte. Die bewährte Achse des Vertrauens zwischen den beiden wirklich starken europäischen Hauptstädten Berlin und Paris wäre erschüttert. Hollande vergäße die Zurückweisung durch Merkel nicht, würde sich bestenfalls aus Vernunftsgründen vorsichtig annähern. Allerdings sind französische Wähler unberechenbar: Obwohl Sarkozy durch sein Auftreten und seine erfolglose Wirtschaftspolitik alles verspielt zu haben scheint, hat er eine Rest-Chance.
Auswirkungen auf ganz Deutschland wird das Ergebnis in Schleswig-Holstein haben. CDU und SPD treten mit außerhalb des Landes kaum bekannten Spitzenleuten an, nur Wolfgang Kubicki von der kleinen FDP ist bekannt wie ein bunter Hund. Viele Koalitionen sind denkbar: SPD und Grüne hoffen, dass es für sie — eventuell mit der Partei der dänischen Minderheit — zum Regieren reicht. Die CDU würde sich auch gerne mit den Grünen vertragen. Für eine große Koalition gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit — was ein Signal für NRW und den Bund wäre.
Aus Düsseldorfer Sicht spannend ist das Abschneiden der FDP. Schafft sie es in Kiel, dürfte es auch hier für sie reichen. Ihre Wähler in NRW verlören die Angst, ihre Stimme könnte wertlos sein, weil ihre Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert.
Fest steht heute nur: An diesem Sonntag sind die Wahlen spannender als jeder Tatort.