Betreuungsgeld: Ehrenwert — aber nicht sinnvoll
In letzter Minute wackelt die Einführung des Betreuungsgeldes.
Kurz bevor sich am Freitag der Bundestag mit dem Betreuungsgeld — von Gegnern abschätzig Herdprämie genannt — beschäftigt, wächst der Widerstand. Das vor allem von der CSU und Teilen der CDU vorangetriebene Projekt könnte noch wackeln.
Ausschlaggebend wären neben den Gegenargumenten der Opposition und der Skepsis des Koalitionspartners FDP das wachsende Unbehagen in der Union selbst. Die Einladung der Kanzlerin für eine Reihe CDU-Frauen zum Gespräch am Donnerstag lässt nur eine Deutung zu: Sie will mögliche Abweichler auf Linie bringen.
Angela Merkels Hauptargument dürfte die Koalitions- und Fraktionsdisziplin sein. Denn ansonsten kann sie nur für das Betreuungsgeld plädieren, wenn sie ein zumindest in städtischen Regionen weitgehend überholtes Familienbild zu Grunde legt.
In ländlichen Gegenden — wie oft in Bayern — kann die Zahlung sinnvoll sein: In der intakten Familie wird das Kind von Eltern und Großeltern optimal gefördert, es bleibt bis zum Kindergartenalter zu Hause.
Damit spart der Staat Geld für Krippenplätze und belohnt diese „Musterfamilie“ ab kommendem Jahr mit monatlich 100 Euro und ab 2014 sogar mit 150 Euro.
Allerdings wiegen die Argumente der Gegner, die durch die jetzt vorliegenden Erfahrungen aus Norwegen erhärtet werden, schwer. Kindern aus bildungsfernen und von Migration geprägten Haushalten droht schon in extrem jungen Jahren der erhebliche Nachteil, dass sie nicht in die Krippe geschickt werden, weil ihre Eltern lieber den zusätzlichen Geldsegen einstreichen.
Der Staat würde die Chancengleichheit der Kinder mit Füßen treten und auch den Müttern eine weitere Hürde zur Aufnahme eines Berufs in den Weg legen. Bei ausländischen Mitbürgern würde das Betreuungsgeld zudem der Integration schaden, weil der Nachwuchs von der deutschen Kultur ferngehalten würde.
So ehrenwert das Anliegen Betreuungsgeld vor allem aus bayrischer Sicht ist — es wäre besser, es nicht einzuführen. Entscheidend sein wird jetzt, wie sich Angela Merkel verhält. Denn sie hat schon öfter bewiesen, dass sie dank ihres politischen Instinkts ihre Position zügig wechseln kann. Beim Betreuungsgeld bekäme sie allerdings ein Riesenproblem mit Horst Seehofer.