Meinung Darum ist Scheuers E-Scooter-Plan ein gefährliches Experiment
Meinung | Düsseldorf · Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will batteriebetriebene Tretroller im Straßenverkehr zulassen. Das klingt erst einmal gut. Doch birgt das Vorhaben auch ernstzunehmende Gefahren.
Es mag ungewohnt aussehen, wenn ein Erwachsener auf einem Elektroroller durch die Gegend fährt. Aber abgesehen davon erscheint die geplante Zulassung solcher Vehikel im Straßenverkehr als eine bestechende Idee. Auch und gerade für Berufstätige: Die Menschen steigen vom Auto auf Bus und Bahn um. Das ist gut für die Umwelt und das ist auch gut gegen verstopfte Straßen. Die „letzte Meile“ legen sie auf dem mitgeführten oder gemieteten E-Scooter zurück, ohne dabei ins Schwitzen zu kommen. Die Aktentasche wird halt durch den Rucksack ersetzt. Und Spaß macht das Ganze wohl auch.
Dennoch sollte der Bundesrat die „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“ des Bundesverkehrsministers so nicht durchgehen lassen. Wenn, wie dort vorgesehen, batteriegetriebene Roller mit einer Höchstgeschwindigkeit von zwölf km/h auf Gehwegen oder in Fußgängerzonen fahren dürfen, so wird das zu viel Ärger mit Fußgängern führen. Zumal mit älteren Menschen oder Seh- oder Gehbehinderten, wenn diese ständig in Hab-Acht-Stellung vor den sie umkurvenden Vehikeln sein müssen.
Aber auch die Variante, dass sowohl die langsameren Elektroroller, als auch diejenigen, die 20 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit fahren, sich auf dem Fahrradweg fortbewegen, ist keine gute Lösung. Bei den langsameren Rollern ohnehin, weil diese die Radfahrer behindern.
Aber auch die schnelleren, die vom Tempo her mit den Fahrrädern mithalten können, werden für Probleme sorgen. Durch die immer populärer werdenden Pedelecs droht auf den Radwegen schon jetzt ein kleiner Verkehrsinfarkt. Hinzu kommt: Längst nicht überall gibt es Radwege.
Da bleibt dann am Ende nur die Straße. Was für die Rollerfahrer als verletzlichste Verkehrsteilnehmer gefährlich ist. Nicht nur wegen der sie überholenden Autos, sondern auch, weil die kleinen Räder jede Unebenheit im Straßenbelag, jedes Schlagloch übel nehmen. Und das dürfte des öfteren schlecht ausgehen, zumal es auch keine Helmpflicht geben soll. Die in der Verordnung vorgesehene Versicherungspflicht kann da nur finanziell nachsorgen, verhindert aber keine Schäden.
Bei dem ganzen Projekt wird der zweite Schritt vor dem ersten getan: Bevor der Nahkampf auf Bürgersteig oder Radweg durch ein neues Verkehrsmittel verschärft wird, müsste die Radwege-Infrastruktur ausgebaut werden, gegebenenfalls auch durch eigene Spuren für die „Elektrokleinstfahrzeuge“. So lange das nicht angepackt wird, werden alle Verkehrsteilnehmer ungefragt zu Statisten in einem für alle gefährlichen Experiment gemacht. Ein Großversuch, den der Bundesrat hoffentlich noch stoppen wird.