Energiewende: Regierung fehlt ein langfristiges Konzept
Das Gesetz zum Netzausbau lässt noch viele Fragen offen.
Wer A wie Atomausstieg sagt und Ö wie Ökostrom, der muss auch N wie Netzausbau sagen. So argumentiert die schwarz-gelbe Bundesregierung. Denn wenn der Norden neuerdings auf Teufel komm raus Windstrom produziert, den er selbst überhaupt nicht braucht, der Süden und Westen, wo die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, aber sehr wohl, dann müssen neue Leitungen her. Das klingt logisch. Auch, dass es zu teuer sein wird, alles unter die Erde zu verlegen. Abgesehen davon ist das sowieso fragwürdig, weil ökologische Schäden unter der Grasnarbe nicht aufhören.
Freilich gilt auch für die an sich gute Tat der Energiewende, dass sie bei jeder konkreten Nebenwirkung — und solche gibt es massenhaft, wenn Wälder durchschnitten und Landschaftsbilder zerhauen werden — trotzdem neu begründet werden muss. Gibt es wirklich keine Alternative zu dieser Trasse hier? Kann die Erzeugung erneuerbaren Stroms generell nicht dezentraler und gleichmäßiger im Land erfolgen, so dass so viele neue Leitungen gar nicht nötig sind? Ist der Stromfluss von Nord nach Süd in Stein gemeißeltes Faktum für das Jahrhundert? Was ist mit den Speichertechnologien und mit der Stromeinsparung?
Diese Fragen sind bisher nicht oder nicht befriedigend beantwortet. Und das liegt daran, dass diese Bundesregierung die Energiewende bisher lausig organisiert hat. Ein Beispiel: Noch unter dem FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hieß es, 4000 Kilometer neue Fernleitungen seien zwingend. Nun, unter seinem Parteikollegen Philipp Rösler, sind es plötzlich nur noch 2800 Kilometer. Was gilt?
Zweites Beispiel: Noch vor kurzem hieß es, nur der Norden baue Windstrom aus. Nun will sich auch das grün-rote Baden-Württemberg hierfür öffnen und Bayern energetisch gar autark werden. Was folgt daraus für die Netze?
Diese Regierung hat (noch) kein fertiges Langfristkonzept. Nicht in den eigenen Reihen, wo sich die Ressorts streiten wie die Kesselflicker, nicht mit der Opposition, nicht mit den Bundesländern und nicht mit den europäischen Nachbarn. Das Gesetz zum Netzausbau mag nun zwar stehen, aber die Akzeptanz dafür angesichts solcher Vorarbeiten steht noch lange nicht.