Familiennachzug für Flüchtlinge - eine ideologisch geführte Debatte
Fast scheint es, als hätte Deutschland keine größeren Probleme angesichts der Schreckensvisionen, die manche in der Union im Hinblick auf einen Familiennachzug für subsidiär geschützte Geflüchtete verbreiten.
Allen voran Alexander Dobrindt und Markus Söder liefern sich in der CSU mit gewohnt bajuwarischer Unnachgiebigkeit einen Wettstreit, wer sich besser anschickt, „die rechte Flanke zu schließen“.Vehement pochen sie auf eine Verlängerung des Nachzugverbots für die Familien derer, denen weder Schutz als Flüchtlinge noch als Asylberechtigte gewährt werden kann, die in ihren Heimatländern aber akut bedroht sind.
Nun kursieren unterschiedliche Schätzungen darüber, wie viele Angehörige aus dem Ausland sich tatsächlich auf den Weg nach Deutschland machen würden. Forscher gehen allerdings davon aus, dass die Zahl der Nachzügler 180 000 nicht überschreiten dürfte. Von einer weiteren „Zuwanderungswelle“, die Deutschland „überrollt“, wie es sprachlich in der ideologisch geführten Debatte gern suggeriert wird, wäre die Republik immer noch weit entfernt. Was es aber gerade für jugendliche Geflüchtete bedeutet, fernab der Heimat mit oft traumatischen Erfahrungen ohne familiären Rückhalt in einem fremden Land zurechtzukommen, können Außenstehende wohl nur erahnen. Für die Zeit ihres Aufenthalts sollen sie sich gut integrieren — und doch das Land wieder verlassen. Für diesen Balanceakt brauchen sie die Unterstützung ihrer Familien mehr denn je.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat mit seinem bundespolitischen Vorstoß, subsidiär geschützten Personen, die in Deutschland Wohnung und Arbeit haben, den Familiennachzug zu ermöglichen, einen Vorschlag zur Güte gemacht. Zwar könnte die Union eine Verlängerung des Nachzugverbots theoretisch mit den Stimmen von AfD und FDP durchpauken. Eine vertrauensbildende Maßnahme für eine Wiederauflage der großen Koalition wäre dies aber wohl kaum.