Meinung Christen und die Politik

In den Gremien der Kirche sind Politiker allenthalben vertreten. An der Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) steht mit Irmgard Schwaetzer eine frühere FDP-Bundesministerin. Ihre Vorgängerin war Katrin Göring-Eckardt (Grüne).

Ein Kommentar von Ekkehard Rüger.

Foto: Sergej Lepke

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wird von Thomas Sternberg geleitet, einem ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten in NRW. Im Kirchentagspräsidium sitzt neben Göring-Eckardt und ihrem Parteikollegen Sven Giegold auch CDU-Innenminister Thomas de Maizière.

Das zeigt zunächst einmal eines: Zum christlichen Selbstverständnis gehört gesellschaftliches und ausdrücklich auch politisches Engagement untrennbar dazu. Und das gilt längst nicht nur für die CDU, die das Christliche sogar im Namen führt. Selbst der Linke Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, ist bekennender Christ.

Umgekehrt sind auch Priester, Pfarrerinnen und Pfarrer politisch denkende Menschen und sollen auch als solche predigen. Wer christlichen Glauben nur metaphysisch und aufs Jenseits gerichtet versteht, amputiert das Evangelium, dem es an so vielen Stellen doch gerade um Fragen der Gerechtigkeit im Zusammenleben der Menschen geht, um „Gottes Reich“ mitten unter uns.

Nicht das Ob, sondern das Wie ist also entscheidend beim politischen Predigen. Angesichts der Durchwebung von Politik und Kirche besteht durchaus die Gefahr, Kanzeln als Wahlkampfpulte besonderer Art zu verstehen. Das aber ist nicht nur öde, sondern auch Missbrauch der alten Texte.

Eine Predigt soll von der Wirklichkeit Gottes sprechen und von den Dingen, wie sie sind in der Welt. Dabei werden unweigerlich Risse sichtbar, Widersprüche, Ungerechtigkeiten. Im besten Fall fühlen sich die Zuhörer am Ende ermutigt, daran etwas zu ändern. Auf welchem Weg, mit welchem Einsatz, in welcher Partei — das liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen.