Gabriel wirbt für Groko auf eigene Rechnung
Wahre Freunde dürften die beiden Sozialdemokraten Sigmar Gabriel und Martin Schulz in ihrem politischen Leben nicht mehr werden. Dazu ist Gabriel mittlerweile zu sehr auf dem Ego-Trip. Erst jüngst suchte der vormalige SPD-Chef seiner Partei eine Debatte über „Heimat“ und „Leitkultur“ aufzudrängen — sehr zum Unmut der allermeisten Genossen.
Und nun verkündete Gabriel auch noch seine Skepsis über eine Minderheitsregierung in Deutschland, weil die wegen ihrer Instabilität „zum Beben“ in Europa führen könne. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird allerdings erst einmal Martin Schulz gebebt haben. Widerspricht Gabriels Einlassung doch fundamental der Linie des gerade erst wiedergewählten Parteivorsitzenden, mit der Union „ergebnisoffen“ über eine Regierungsbildung zu sondieren. Vielmehr macht sich Gabriel die Lesart von Angela Merkel zu eigen, die eine Minderheitsregierung schon mehrfach ausgeschlossen hat.
Gabriel hat allerdings auch nie einen Hehl aus seiner Freude am Job des Außenministers gemacht. Bei einer Minderheitsregierung könnte er den vergessen. Im Falle einer großen Koalition dagegen hätte Gabriel gute Chancen, das Außenamt zu behalten. Seine Skepsis über eine Minderheitsregierung ist also im Kern ein Werben für die Groko — und damit auch ein Werben in ganz eigener Sache. Genau dieser Umstand dürfte vielen Genossen allerdings besonders sauer aufstoßen. Gabriels Skepsis ist also auch Sprengstoff für die SPD.
Dabei wäre es die ureigene Aufgabe von Martin Schulz, den verunsicherten Sozialdemokraten die abgrundtiefe Skepsis über die Neuauflage einer schwarz-roten Koalition zu nehmen. Denn aktuell ist das immer noch die bessere Möglichkeit unter allen schlechten, um zu einer tragfähigen Regierung zu kommen. Dazu muss Schulz allerdings auch führen. Gegenwärtig, so scheint es, lässt er sich eher treiben. Womöglich bis zur Weißglut. Dank Sigmar Gabriel.