Jan Ullrich: Der Absturz eines Volkshelden

Jan Ullrich wurde vom Sportgerichtshof des Dopings überführt.

Man hätte Jan Ullrich wirklich gewünscht, dass er von sich aus frühzeitig Klarheit geschaffen hätte. Der einzige deutsche Sieger der Tour de France hat das nicht getan. Und damit eine große Chance nicht genutzt. Das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes in Lausanne, ob erwartet oder nicht, bleibt für den Sportler Ullrich folgenlos. Was das Urteil für den Menschen Jan Ullrich bedeutet, wird man abwarten müssen.

Ullrichs Verstrickungen in die Affäre um den mutmaßlichen spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes, die schon 2007 die Bonner Staatsanwaltschaft offengelegt hatte, waren die Gründe seines Rücktritts. Für den Sportgerichtshof in Lausanne waren sie nun der endgültige Beweis für den vorsätzlichen Dopingbetrug.

Dass Ullrich am Vortag des Richterspruches die Hoffnung auf ein „faires Urteil“ formulierte, legt den Verdacht nahe, dass der 38 Jahre alte Familienvater die Dimension seines Fehlverhaltens immer noch nicht korrekt einschätzt. Und man fragt sich, welchen Beratern der Tour-Held des Jahres 1997 folgte. Mit einem Lachen im Gesicht darauf hinzuweisen, dass er sich vielleicht früher hätte äußern müssen, reicht nicht. Reinen Tisch zu machen, wäre 24 Stunden vor dem Urteil noch nicht zu spät gewesen. Alles, was jetzt möglicherweise an persönlichen Erklärungen auf den Schuldspruch folgt, hat öffentlich längst nicht das Gewicht wie ein rechtzeitiges, ehrliches Eingeständnis von Schuld.

Was Ullrich bis zum heutigen Tag offenbar immer noch nicht realisiert hat, ist, dass dieses Urteil von Lausanne keine Zweifel mehr zulässt. Es stellt fest, dass es sich bei Jan Ullrich um einen vorsätzlichen Betrüger handelt. Und egal, wie man zu Jan Ullrich stehen mag, vor diesem Urteil verblassen alle herausragenden Leistungen eines großartigen Sportlers, der er unzweifelhaft war. Die ganze Nation stand hinter ihm, als er 1997 die Tour gewann, unvergessen seine Duelle mit Lance Armstrong, das olympische Gold 2000 in Sydney. Jan Ullrich hat es im Leben nicht leicht gehabt. Und er fuhr auf den Olymp. Was für ein Märchen.

Sechs Jahre nach der Suspendierung nun das Urteil. Der Absturz eines Volkshelden. Und auch wenn Jan Ullrich lächelt. Es ist ein Drama. Dem Ullrich die Wucht hätte nehmen können.