Karriereknick von Abgeordneten „Wir irren vorwärts“
Meinung · Ganz unabhängig von den möglichen Korruptionsvorwürfen sollten Abgeordnete keine Deals mit lebensrettenden Masken machen.
Kennen Sie den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier?“ In dem Kinoerfolg spielt Bill Murray einen übellaunigen Wetteransager, der immer wieder denselben Tag durchlebt, bis er sich geläutert gibt. Im realen Leben sind Zeitschleifen wenig lustig. Als laste die Pandemie nicht ohnehin schwer genug auf uns, dreht die Politik eine Schleife nach der anderen, pendelt permanent zwischen harten Einschnitten und Corona-Lockerungen. Kein Wunder also, dass diese nicht durchdachte Ankündigungspolitik allen Beteiligten mehr Verdruss bringt und das Vertrauen in die Politik weiter sinkt: Nur noch 30 Prozent der Bürger bewerten das Krisenmanagement der Bundesregierung positiv. „Wir irren vorwärts“, nannte es treffend Philosoph Richard David Precht gerade.
Die neue Corona-Schutzverordnung des Landes NRW ist ein Paradebeispiel für dieses Herumstochern auf der Suche ncah konstruktiven Lösungen: Eigentlich will und muss das Land in der dritten Coronawelle die Zügel anziehen. Doch die Notbremse, die Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag noch konsequent „eins zu eins“ umsetzen wollte, zieht NRW nicht, zumindest nicht landesweit, sondern nur differenziert nach Städten und Kreisen. Mit einem negativen Test darf auch in Kommunen mit einer Wocheninzidenz über 100 weiter eingekauft werden. Das klingt zunächst vernünftig.
Die Politik hat zwar die Pandemie zu einer außergewöhnlichen Krise erklärt, es aber bislang versäumt, bei deren Bekämpfung außergewöhnliche Mittel einzusetzen. Das Tübinger Modell hat aber gezeigt, dass es auch anders geht. Schnelltests bieten freilich keine hundertprozentige Sicherheit, schaffen aber ein höchstmögliches Maß an Klarheit über die Infektionslage und geben die Möglichkeit, ein bisschen weiter in Richtung Normalität zu gehen – wenn es denn die Werte erlauben. Bei Wocheninzidenzen über 200 wie etwa im Kreis Lippe, Remscheid oder Hagen sollten sich die Kommunen diesen Schritt vielleicht noch mal überlegen.