Meinung Linke klärt Spitzenkandidatur - Zugpferde im Wahlkampf
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch werden die personellen Aushängeschilder der Linken im Bundestagswahlkampf sein. Wer auch sonst? Der Parteiführung blieb vernünftigerweise keine andere Entscheidung übrig, nachdem sich Gregor Gysi schon vor eineinhalb Jahren auf dem Bielefelder Bundesparteitag in die zweite politische Reihe verabschiedet hatte.
Ein Konstrukt wie vor der letzten Bundestagswahl wäre jedenfalls lächerlich gewesen. 2013 wurde Gysis Spitzenkandidatur gleich von sieben weiteren Genossen flankiert, die allerdings kaum jemand kannte. Auch das jetzt zusätzlich vereinbarte "Spitzenteam" für die Wahlkampforganisation ist nur etwas für die parteiinterne Galerie.
Gysis Nachfolgerin Wagenknecht steht für die ganz Linken, sein Co-Nachfolger Bartsch für die Pragmatiker und Realos in der Partei. Beide Flügel haben sich über Jahre heftigst befehdet. Heute ist davon zumindest nach außen hin kaum noch etwas zu spüren, auch weil Wagenknecht und Bartsch demonstrativ kein böses Wort übereinander verlieren. Die Linke selbst ist professioneller geworden. Natürlich bleiben Wagenknecht und Bartsch politische Antipoden. Die eine setzt auf revolutionäre Rhetorik und schreckt auch vor Lobeshymnen auf Donald Trump nicht zurück. Der andere arbeitet beharrlich an der linken Regierungstauglichkeit. Wem das zu viel Gegensatz ist, sei an den Wahlkampf der SPD von 1998 erinnert. Damals setzten die Sozialdemokraten auf die Macht von Oskar Lafontaine und die Popularität von Gerhard Schröder. Ein Duo, das ebenfalls kaum unterschiedlicher hätte sein können - aber am Ende einen fulminanten Wahlsieg für die SPD einfuhr.
Selbst wenn die Linke über geeignete Zugpferde verfügt, wird ein gutes Wahlergebnis jedoch allemal schwer zu stemmen sein. Längst gilt nämlich auch sie als Teil des Establishments. Die Rolle der Protestpartei hat die AfD übernommen. Einen "Wir-gegen-alle-Wahlkampf" wird man der Linken daher kaum abnehmen.