Meinung Ordentlich gerupft - Die Einigung bei der Maut
Die Maut ist jetzt europarechtskonform - geschenkt. Denn das ist nicht der springende Punkt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und seine CSU sind vor und nach der letzten Bundestagwahl durchs Land gezogen und haben beteuert, kein deutscher Autofahrer werde zusätzlich belastet, weil es auf den Cent genau einen Ausgleich über die Kfz-Steuer geben werde.
Und die Maut für Ausländer beschere nennenswerte Mehreinnahmen für dringend notwendige Investitionen in die marode Verkehrsinfrastruktur. Nach dem nun gefundenen Kompromiss mit Brüssel steht hinter beidem weiter ein dickes Fragzeichen. Wenn nicht sogar: versprochen, gebrochen.
Deutlich geringere Sätze, eine breitere Spreizung der Tarife, auch ohne Mathe-Leistungskurs wird man zu dem Ergebnis kommen, dass sich das alles negativ auf die Einnahmen auswirken wird. Selbst wenn der Kompromiss verspricht, dass es bei den 500 Millionen Euro bleibt. Die ohnehin schon große Bürokratie wird bei der Erhebung weiter wachsen, was zusätzliche Kosten verursacht. Außerdem wird die Kfz-Steuer für umweltfreundlichere Autos stärker gesenkt, so dass deren Besitzer mehr sparen, als für sie die Gebühr kostet. Auch das ergibt Mindereinnahmen. Umgekehrt werden sich für ältere Fahrzeuge Steuersenkung und Maut sicherlich nicht ganz ausgleichen. Wer also einen alten Wagen besitzt, zahlt voraussichtlich drauf. Das ist mehr als nur ein Schönheitsfehler.
Alexander Dobrindt ist in Wahrheit aus dem Kampf mit Brüssel ordentlich gerupft hervorgegangen. Der Jubel ist nicht nur wegen des Ergebnisses befremdlich: Zum einen wollen die Niederlande und Österreich mit Mautklagen vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Zum anderen aber müssen die schon im Gesetzblatt stehenden Maut-Regelungen nun geändert werden. Dafür sind neue Verhandlungen in der großen Koalition notwendig. Und die SPD hat bereits angekündigt, sich strikt an die mit der Maut verbundenen Versprechungen zu halten. Dobrindt selbst hat überdies schon eingesehen, dass ein Start nicht mehr vor der Bundestagswahl im Herbst 2017 realistisch ist. Danach muss der Verkehrsminister aber nicht zwangsläufig wieder ein CSU-Mann sein. Soll heißen: Die nächste Bundesregierung könnte alles wieder ganz anders machen - Aus die Maut.