Meinung Härtere Strafen für Einbruchsdiebstahl: Eine allzu einfache Antwort
Niemand findet, dass Wohnungseinbruch ein Kavaliersdelikt sei wie zum Beispiel Schwarzfahren. So weit ist es trotz über 150.000 Einbrüchen, von denen ganze 22.000 aufgeklärt werden, noch nicht.
Aber die Grenzen verschwimmen. Wird zum Beispiel ein Fahrrad aus der Wohnanlage geklaut, ist es schon etwas anderes. Da werden viele sagen: Man sollte sich sowieso kein wertvolles Rad zulegen.
Fahrraddiebstahl hat eine Aufklärungsquote von unter zehn Prozent, und solche niedrigen Quoten stehen in einer gewissen Wechselwirkung mit dem Sicherheitsgefühl: Es schwindet. Dafür werden Angst und Selbstschutz zur neuen Normalität. Die Wohnung maximal verriegeln, Fenster nicht mal im Sommer auf Kipp, kein neues Rad, den Kinderwagen im Flur sichern, das Auto in Sichtweite parken, den Rucksack vorne tragen, das Handy verstecken, bestimmte Gegenden meiden.
Sechs Monate Gefängnis für Wohnungseinbruch will Justizminister Maas verhängen, die Union - wer bietet mehr? - ein Jahr ohne Bewährung. Damit ist das Thema im Wahlkampf angekommen, also bei der einfachen Antwort: Härtere Strafen. Wohl wahr, es ist frustrierend, wenn verständnisvolle Richter mildernde Umstände erkennen und die Täter fröhlich nach Hause gehen - bis zum nächsten Mal.
Aber noch viele frustrierender ist es, auf verständnisvolle Polizisten zu stoßen, die Hinweise darauf, dass die entwendeten Juwelen bei einem gewissen Secondhand-Händler zu kaufen sind ebenso mit einem schulterzuckenden Verweis auf den Personalmangel quittieren wie den Tipp auf die Internetseite im benachbarten Ausland, wo es all die schönen Sachen aus Germania frischgeklaut zu kaufen gibt.
Beides tut Not, konsequentere Bestrafung und konsequentere Strafverfolgung, und weil das Letztere zuerst kommen muss - ohne Fahnder keine Festnahme und ohne Festnahme keine Strafe - ist die Aufstockung der Ermittlungsbehörden in Wirklichkeit sogar das Vordringlichere. Das gilt erst recht bei Eigentumsdelikten, die zunehmend bandenmäßig begangen werden. Und das heißt: Sehr professionell, oft international vernetzt. Hier kann man heute mit einem Fahndungserfolg viel mehr bewirken als früher mit der Festnahme eines einzelnen Beschaffungskriminellen. Doch über die mangelnde Personalausstattung reden die Wahlkämpfer schon weniger.
Notwendig wäre drittens auch eine andere Einstellung der Innenpolitik selbst. Nämlich: Null Toleranz. Immer muss erst etwas Schlimmes passieren, ehe es jemandem auffällt. Jetzt wird auf die Zunahme der Zahl der Wohnungseinbrüche reagiert, aber erst sehr spät. Wie viele Brennpunkte der Kriminalität werden in den Städten seit langem geduldet? Wie viele illegale Autorennen wurden hingenommen, ehe sie nach tödlichen Unfällen zum Thema wurden, über wie viele Hütchenspieler und Drogendealer wird immer noch hinweggesehen?
Um das teilweise schon geradezu alarmierend beschädigte Sicherheitsgefühl der Bürger wieder herzustellen, braucht es weit mehr als ein bisschen Drehen an der Strafen-Schraube. Es braucht den wirklichen Willen aller, die Gesetze auch durchzusetzen.