Meinung Merkel macht (noch) nicht den Kurz
Meinung · Den Kampf gegen das Corona-Virus hat Österreich etwas früher und deutlich rigider begonnen. Abgesehen vom Ski-Ort Ischgl, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt. Nun geht die Alpenrepublik bei ersten Lockerungen ebenfalls voran. Mit einem Fahrplan, wie das öffentliche Leben Schritt für Schritt wieder normalisiert werden soll. Ein Vorbild für Deutschland?
Kanzlerin Merkel will noch nicht den Kanzler Kurz machen. Das hat sie am Montag erneut betont. Doch Merkel wird wissen: Mit der Entscheidung der Österreicher wächst der Druck auf die Bundesregierung weiter, auch endlich den Bürgern hierzulande eine Perspektive zu eröffnen, inwieweit gegebenenfalls staatliche Einschränkungen zurückgefahren werden können.
Entsprechende Überlegungen gibt es in der Regierung, das hat Merkel am Montag wieder betont. Auch interne Papiere liegen vor, die abgestufte Maßnahmen vorsehen. Erst der Einzelhandel, dann die Restaurants und die Schulen. Nur reden will darüber noch niemand. Weil man nicht weiß, wie die Pandemie sich tatsächlich noch entwickelt – und auch weil man vermutlich den Bürgen keine falschen Hoffnungen machen möchte.
Der „Lockdown“ kann aber allein schon wegen den katastrophalen wirtschaftlichen Folgen nicht monatelang andauern, das liegt auf der Hand. Noch ist die Zustimmung groß, die Regierung wird getragen von einer Welle der Akzeptanz. Aber die Ungeduld bei vielen Bürgern wächst. Das hat die Bundesregierung aufmerksam registriert. Deswegen hat Merkel auch ein Versprechen abgegeben: Sobald es die Situation zulässt, werde man zu dem freiheitlichen Leben zurückkehren, dass die Deutschen kennen und schätzen. Alle staatlichen Eingriffe in Grundrechte und bürgerliche Freiheiten werden also zurückgenommen. Daran wird sich die Kanzlerin nach der Corona-Krise messen lassen müssen.
Bis nach Ostern dürfte sich Merkel mit ihrem Kurs noch retten können, auf ein Fest daheim ohne Verwandtenbesuche oder Ausflüge hat sie die Bürger bereits mehrfach eingeschworen. Stichtag ist dann aber der 14. April, wenn Merkel erneut mit den Ministerpräsidenten die Lage berät. Dann muss zwar kein genauer Exit-Termin verkündet werden. Das würde auch wenig Sinn machen, weil bei einer Pandemie Normalität nicht einfach wieder verordnet werden kann. Das Virus existiert ja nach wie vor – oder wie die Kanzlerin sagt: „Das Virus wird nicht verschwunden sein.“ Und einen Impfstoff gibt es noch nicht. Aber es muss dann klare Ansagen geben - in die einer oder die andere Richtung. Ansonsten wird die Ungeduld verstärkt in Unmut umschlagen.