Meinung Sammelklage in Sicht
Sammelklagen sieht das deutsche Recht bisher nicht vor. Jeder Betroffene muss seine Rechte selbst vor Gericht geltend machen. Das kostet Zeit und Geld, zerrt an den Nerven, ist also höchst verbraucherfeindlich.
Angesichts des Diesel-Skandals wollte schon die alte Groko sogenannte Musterfeststellungsklagen ermöglichen, scheiterte aber am Widerstand des damaligen CSU-Verkehrsministers Alexander Dobrindt. Die neue Groko hat Besserung versprochen, die neue Regelung soll spätestens zum 1. November in Kraft treten. Gerade noch rechtzeitig, um den Fahrern manipulierter Dieselautos vor der Verjährung zu helfen.
Mit Sammelklagen können die rechtlichen Ansprüche vieler Verbraucher kostengünstig und effizient in einem einzigen Verfahren geklärt werden. Das Urteil der Musterklage bildet die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung zu jedem Einzelfall oder für Vergleiche. Dabei geht es keineswegs nur um Tricks an Automotoren. Sammelklagen sind auch denkbar, wenn Verbraucher ihre Rechte gegenüber Unternehmen bei zu hohen Gaspreisen, fehlerhaften Kaffeemaschinen oder vermasselten Urlaubsreisen geltend machen möchten.
Aber mit der Änderung beim Klagerecht hat die Bundesregierung in Sachen Diesel-Skandal erst einen Schritt gemacht. Der nächste muss sein, den Weg für die Hardware-Nachrüstung älterer Dieselautos zu bahnen. Alle Gutachten und Praxistests zeigen, dass sich der Stickoxid-Ausstoß damit drastisch reduzieren lässt. Wenn die Politik bessere Luft in den Städten will und Fahrverbote verhindern möchte, sind Hardware-Nachrüstungen eine schnelle und wirksame Maßnahme. Aber sie kostet etwa zehn Milliarden Euro. Rechtlich dürfte es kaum möglich sein, die Autoindustrie zu zwingen, das zu bezahlen. Denn abgesehen von den manipulierten Fahrzeugen sind alle Diesel-Pkw völlig legal unterwegs. Was also tun? Fällt der Steuervorteil für Dieselkraftstoff weg, lässt sich die Hardware-Nachrüstung locker bezahlen. Also bitte.