Meinung SPD-Parteitag - Genossen sollten weiter mehr Mumm wagen

Dortmund. Martin Schulz ist ein Kämpfer. Das hat er mit seiner Rede auf dem fünfstündigen Parteitag der SPD in Dortmund bewiesen. Es ist ihm sogar gelungen, wieder die Aufbruchsstimmung zurückzuholen, die es nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten in der Partei gegeben hat.

Hagen Strauß.

Foto: krohnfoto.de

Ein neuer Anfang ist gemacht. Mehr aber noch nicht. Die Genossen stehen hinter Schulz. Das ist für die streitbare SPD nicht selbstverständlich.

Vor vier Jahren hieß der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, er wollte von seiner Partei Beinfreiheit. Bekommen hat er mangelnde Solidarität und Gegen- statt Rückenwind. Schulz muss das nicht fürchten. Er wird nach wie vor getragen von der Hoffnung, dass sich die Partei mit ihm wieder aus dem Umfragekeller lösen kann. Dazu gehört freilich viel Optimismus - und den gibt es erstaunlicherweise immer noch in der SPD. Umso mehr nach Schulz` starkem Auftritt.

Herausforderer Schulz hat darüber hinaus Recht: Der Vorwurf der Inhaltslosigkeit, der ihm in den letzten Wochen gemacht wurde, zieht nicht mehr. Er muss jetzt auf die Kanzlerin angewendet werden. Zwar wird die Union Anfang Juli ihr Programm vorstellen, aber es wird einige Leerstellen aufweisen - zum Beispiel in der wichtigen Rentenpolitik. Und auch aus dem Programm wird wohl nicht ersichtlich werden, wofür die Kanzlerin eigentlich höchstpersönlich steht; Merkel ist bislang projektlos.

Für Schulz gilt das eindeutig nicht. Vorteil Kandidat. Strategisch ist das der Knackpunkt, an dem die SPD jetzt ansetzen muss. Hier kann sie Merkel in den nächsten Wochen stellen. Schulz ist Überzeugungstäter, er hat Leidenschaft, nicht zuletzt für Europa. Etwas, was Merkel fehlt. Darin liegt die große Chance des Kandidaten. Er muss weiter mehr Mumm wagen.