Meinung Nordkorea - Staat ohne Menschenrechte

Keine Frage, einem bizarren Regime wie Nordkorea traut man alles zu. Aber was auch immer über die Todesursache des US-Studenten Otto Warmbier gemutmaßt wird, sie steht noch nicht fest. War sein Tod Folge von Misshandlungen und Folter, einer Nahrungsmittelvergiftung oder eines tragischen Unfalls?

Foto: Sergej Lepke

Fest steht aber: Schon allein Warmbiers 17 Monate im Arbeitslager, die längste Zeit davon im Koma, sind als Strafe für ein angeblich abgerissenes Plakat Ausdruck eines barbarischen Rechtsverständnisses, von der ursprünglich verhängten 15-jährigen Haft ganz zu schweigen.

Der tragische Fall Warmbier kann also mit allem Recht Anlass sein, die verheerende Menschenrechtslage in Nordkorea zu thematisieren. Als „größtes Freiluft-Gefängnis der Welt“ bezeichnet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den asiatischen Staat. Amnesty International geht von 120 000 Menschen in politischen Straflagern aus, das größte davon doppelt so groß wie die Stadt Dortmund. Sämtliche Menschenrechte würden „auf das härteste verletzt“. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ liegt Nordkorea auf dem letzten Platz.

Der Fall Warmbier kann auch Anlass sein, eine Verschärfung der Sanktionen oder zumindest deren konsequentere Umsetzung voranzutreiben. Beispielsweise dienen die nordkoreanischen Botschaften weltweit seit Jahren auch dazu, der Diktatur auf zum Teil kriminelle Weise Devisen zu beschaffen.

Was der Fall Warmbier nicht werden darf: ein emotionaler Vorwand, um eine militärische Eskalation in der Krisenregion voranzutreiben. Das wäre nicht Ausdruck der Solidarität mit den vielen namenlosen und dem einen bekannten Opfer des Regimes, sondern deren Missbrauch für politische Zwecke. Warmbier war einer Gewaltherrschaft ausgeliefert. Die Achtung vor seinem Schicksal verbietet es, seinen Tod zum Anlass für weitere Gewalt zu nehmen.