Leitartikel Ticket-App reicht nicht

Das klingt wirklich gut: Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) bietet seinen Kunden bald eine neue Ticket-App, die das Fahren mit Bus und Bahn erheblich vereinfacht.

Foto: Sergej Lepke

Zu Beginn der Reise checkt der Kunde ein, an der Zielhaltestelle wieder aus. Abgerechnet wird einmal im Monat kilometergenau und automatisch. Gelegenheitsfahrer, die heute verzweifelt vor Ticketautomaten stehen, könnten so viel häufiger ermuntert werden, ihr Auto stehen zu lassen.

Ob die Technik tatsächlich so gut klappt wie versprochen, wird die Testphase zeigen. Klar ist dagegen schon jetzt, dass die Beseitigung grundlegender Defizite weiter auf sich warten lässt. Was NRW braucht, ist ein landesweiter Tarif, der nicht an den Grenzen eines Verkehrsverbundes aufhört. Wann der kommt, steht trotz des Dauerstaus auf den Straßen in den Sternen. Wer heute mit der Regionalbahn von Krefeld nach Köln fährt, muss sich umständlich ein Zusatzticket des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg besorgen. An diesem Wahnsinn ändert auch die neue Ticket-App des VRR nichts.

Die Unfähigkeit, den öffentlichen Personennahverkehr mit einfachen Tarifen besser zu vermarkten, geht Hand in Hand mit der über viele Jahre fehlenden Bereitschaft, nachhaltig in die Schiene zu investieren. Bis der Rhein-Ruhr-Express (RRX) im 15-Minuten-Takt von Köln über Düsseldorf nach Dortmund saust, werden noch zehn, vielleicht sogar 15 Jahre vergehen. Vor allem die SPD muss sich ankreiden lassen, dass in den Jahrzehnten ihrer Regierungszeit die Weichen falsch gestellt wurden.

Wenn die Bundesregierung angesichts drohender Fahrverbote für Diesel-Pkw Busse und Bahnen in Städten kostenlos anbieten will, tappt sie in die Falle, die sich die Politik nicht nur in NRW gegraben hat: Der öffentliche Nahverkehr müsste erst ausgebaut werden, bevor er deutlich mehr Menschen befördern kann. Dass und wie das geht, lässt sich in der Schweiz bewundern.