Meinung Noch ein langer Weg für Kramp-Karrenbauer
Annegret Kramp-Karrenbauer (genannt: AKK) hat alles, was es braucht, um Kanzlerin zu werden; ab nächsten Montag auch eine bundespolitische Bühne. Sie hat Linie, Regierungserfahrung und Selbstvertrauen.
Was noch fehlt, kann jetzt kommen: Die bundesweite Bekanntheit, vielleicht sogar Beliebtheit, die Akzeptanz in Partei und Öffentlichkeit. Die Berufung zur CDU-Generalsekretärin ist klar als erster Schritt für den Wechsel an der Spitze der Regierung zu verstehen. Das ist auch der Grund, warum AKK nicht Ministerin wird, sondern einen Job erhält, in dem sie beweisen kann, wie integrativ sie ist. Das ist die Ur-Voraussetzung für den CDU-Vorsitz und eine Kanzlerschaft.
Die saarländische Ministerpräsidentin war daheim erfolgreich, sie hat keine Not nach Berlin zu gehen. Sie könnte sogar ohne Amt gegebene Bedeutung leben. So wie Merkel auch. Es gibt ja Politiker, die brauchen hohe Ämter für ihr Ego. Oder ersatzweise ein dickes Einkommen aus einer Lobbytätigkeit mit dicken Zigarren. Und es gibt solche, deren Ego von so etwas unabhängig ist. Die Politik machen, weil sie gerne Menschen zusammenbringen, Kompromisse und Lösungen finden. So eine ist Kramp-Karrenbauer.
Freilich: Bevor die heute 55-Jährige Kanzlerkandidatin werden kann, muss sie CDU-Vorsitzende werden. Und davor liegen mindestens zwei heikle Jahre, in denen sie sich als Generalsekretärin bewähren muss. Merkel kann ihre Ämter ja nicht im Stile eines Gutsbesitzers weitergeben; da ist auch in der CDU mittlerweile eine kritischer gewordene Basis vor. Außerdem werden sich andere Interessenten wie Ursula von der Leyen oder Jens Spahn zu wehren suchen.
Kramp-Karrenbauer wird unter Druck kommen in der ungeklärten Richtungsdebatte zur Flüchtlings- und Islam-Frage, in den Wertedebatten ihrer Partei, in der offenen strategischen Orientierung: Will man langfristig ein Bündnis mit den Grünen, mit der FDP, oder sogar zu Teilen der AfD? Ihre Antworten sind bei diesen Fragen meist liberal, und sie schmecken längst nicht jedem in der CDU.
Außerdem hat auch die CSU ein Wörtchen mitzureden. Sie fand schon zwei Mal in der Unionsgeschichte in ähnlicher Situation, dass sie den besseren Bewerber aufzubieten hat; sie will auch heute einen konservativeren Kurs. Die 2,6 Kilometer vom Konrad-Adenauer-Haus bis zum Bundeskanzleramt in Berlin können für Kramp-Karrenbauer also noch verdammt lang werden.