Kommentar Trotz neuer Coronaregeln nicht auf der sicheren Seite

Meinung | Düsseldorf · Es gibt einfachere Pandemieregeln. Doch die Unsicherheit bleibt. Vieles hängt nun von der Bereitschaft der noch Ungeimpften ab.

 NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Foto: dpa

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Foto: dpa

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat schon zerknitterter ausgesehen – bei manch einer seiner vielen Pressekonferenzen zur Pandemie. Jetzt, angesichts der neuen Coronaschutzverordnung schwelgt er geradezu. „Ein schöner Tag“ sei das und „eine Zeitenwende für unser Land“, da man den Menschen weitestgehend ihre Freiheitsrechte zurückgeben kann. Und dann spricht er gar noch von einem „paradiesischen Zustand“ – angesichts der leicht erreichbaren Impfangebote.

Paradies? Na ja. Sind wir nicht doch dem Alptraum näher? Will man die Pandemie als Alptraum sehen, so ist dieser längst nicht vorbei. Das weiß auch der CDU-Politiker, der zur Verstärkung seines Impfappells einen Mann an seiner Seite hat, der bei der Pressekonferenz für den weiter bestehenden Ernst der Lage zuständig ist.

Für Intensivmediziner Gernot Marx geht es gar nicht darum, die vierte Welle zu verhindern. Er setzt nur darauf, diese möglichst klein zu halten. In NRW seien mehr Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt als vor einem Jahr. Und: Auch jüngere Menschen sollten sich nicht zu sicher fühlen, bundesweit sei mehr als jeder vierte Covid-Intensivpatient unter 50 Jahre alt. Geimpfte hätten dagegen kaum schwere Verläufe, wenn sie sich doch infizierten.

Starke Argumente für den Impfappell. Aber was, wenn dieser nicht fruchtet? Drohen dann doch wieder schärfere Coronamaßnahmen? Wohin die Reise geht, weiß auch Laumann nicht. Zwar ist klar, dass die Sieben-Tage-Inzidenz angesichts des Impffortschritts nicht mehr alleiniger Maßstab sein kann. Aber dann müsse ein anderer Bewertungsmaßstab her, fordert die SPD im Landtag.

Wenn das so leicht wäre. Klar, die Auslastung von Intensivstationen spielt eine Rolle. Aber die Lage ist zu diffus, als dass man mit einfachen Wenn-dann-Formeln arbeiten könnte. Politik wird noch auf manche vom Virus geschlagene Volte reagieren müssen. Und auch auf die Folgen eigener waghalsiger Entscheidungen wie etwa der Quarantäneregelung, die ab heute in unseren Schulen gilt.