Kempen An der Wilhelm-Grobben-Straße

Kempen · Über eine mögliche Umbenennung wird viel diskutiert. Die WZ hat mit Anwohnern gesprochen – und unterschiedliche Meinungen gehört.

 Die Wilhelm-Grobben-Straße im Kempener Westen sorgt zurzeit für einige Diskussionen.

Die Wilhelm-Grobben-Straße im Kempener Westen sorgt zurzeit für einige Diskussionen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

. 250 Meter Straße, rund zwei Dutzend Häuser – sie sorgen gerade für viele Diskussionen. Die geplante Umbenennung der Wilhelm-Grobben-Straße ruft viele Reaktionen hervor. Wie berichtet, hatte der Kulturausschuss mit knapper Mehrheit für eine Umbenennung gestimmt. Die sieben CDU-Mitglieder wollten den Namen beibehalten, die Mehrheit hatten aber SPD, Grüne, Freie Wähler Kempen (FWK) und FDP mit ihrem Votum für einen neuen Namen. Die Entscheidung fällt erst im Hauptausschuss am Dienstag, 3. Dezember.

Nun melden sich viele Kempener Bürger zu Wort. Viele Zuschriften an die WZ stellen die Verdienste des Heimatdichters in den Vordergrund. In der Politik wurde kontrovers diskutiert. Und es wurde die Frage gestellt, ob denn die Anwohner schon einmal befragt wurden. Die WZ hat sich zur Wilhelm-Grobben-Straße begeben, dort an den Türen geklingelt und mit einigen Anwohnern gesprochen. Die Reaktionen waren vielseitig.

Ärger über Arbeit
durch Adressänderung

Viele Anwohner sind besonders mit Blick auf die zusätzliche Arbeit, die eine Umbenennung mit sich bringen würde, wenig begeistert. Alle Dokumente wird man umschreiben lassen müssen. „Stinksauer“ zeigte sich eine Anwohnerin – vor allem, weil sie nicht gefragt und nicht informiert worden seien. „Man hätte ja erst einmal die Anwohner anschreiben und informieren können. Es gibt ja doch einige Fragen“, findet eine Anwohnerin. Nichtsdestotrotz ist sie jetzt, wo das Thema bekannt ist, dafür, dass die Umbenennung durchgezogen wird. Wichtig ist ihr, dass ein neuer Name gefunden wird, der passt. Vielleicht könnte man den Gegensatz zum bisherigen Namensgeber betonen und einen Vertreter des Widerstands gegen den Nationalsozialismus mit der Straßenbenennung würdigen. Aber auch Fliederstraße, der Vorschlag der SPD im Kulturausschuss, findet unter einigen Anwohnern Anklang, denn es passt zu den umliegenden Straßen Ginsterweg und Am Schlehdorn.

Eine Nachbarin votiert ebenfalls für einen neuen Straßennamen. Ihr war die Vergangenheit von Wilhelm Grobben vor dem Antrag auf Umbenennung nicht bekannt. Aber wenn er eine nationalsozialistische Vergangenheit habe und in dem Regime sogar einen führenden Posten innegehabt habe, sei sie auf jeden Fall für eine Umbenennung.

Der Kempener Historikers Hans Kaiser hatte dargestellt, dass Grobben alles andere als ein Mitläufer war. So war er Ortsgruppenleiter der Hitler-Partei NSDAP und auch Kreiskulturwart.

Doch bei den Anwohnern der Wilhelm-Grobben-Straßen gibt es auch strikte Gegner der Umbenennung. „Verständnislos und sehr betroffen“, zeigte sich Anwohnerin Doris Hoferichter nach der Entscheidung des Kulturausschusses in einem Schreiben an die WZ. „In einer Demokratie, in der die Politik über die Köpfe ihrer Bevölkerung hinweg und hier besonders über die Köpfe der Anwohner dieser Straße entscheiden, verdient den Namen Demokratie wohl nicht mehr. Und ein Kulturausschuss, der nach Gutdünken sich die deutsche Kultur zurechtbiegen will, wie es ihm passt, ist sicher auch fehl am Platze, denn Kultur brauchen diese Politiker anscheinend nicht mehr, wie sie mehr als deutlich zeigen.“

So eine Diskussion schüre Politikverdrossenheit

Man könne sich nicht anmaßen, über Menschen zu urteilen, die in einer Zeit leben mussten, die einem selbst erspart geblieben sei, so eine andere Anwohnerin. Man könne nicht nur das Negative herausnehmen, sondern müsse auch das Positive sehen.

Bei der WZ-Umfrage vor Ort gab es ähnliche Stimmen. Jahrelang habe der Name keinen gestört. Nun über die Köpfe der Anwohner hinweg zu entscheiden, sei nicht richtig. Die Verdienste Grobbens müssten auch beachtet werden. „Solche Diskussionen führen nur zu Politikverdrossenheit“, findet ein Anwohner.

Genauso gibt es aber auch Anwohner, denen die Entscheidung in dieser Sache sehr schwer fällt. Es sei ein komplexes Thema, dass gut recherchiert werden muss. Das sei nun einmal Aufgabe der Politik. Die Entscheidung müsse man akzeptieren, auch wenn die Umbenennung dann Arbeit bedeutet, findet ein Anwohner. „Das ist halt Demokratie.“

So eine Änderung des Straßennamens wird viel Schriftverkehr mit Banken, Versicherungen und anderen Institutionen mit sich bringen. Aber eine Sorge kann Stadtsprecher Christoph Dellmans auf WZ-Nachfrage nehmen: „Adressänderungen im Personalausweis sind gebührenfrei. Im Reisepass muss keine Änderung vorgenommen werden, weil nur die Stadt darin genannt ist.“