Brauchtum: Weihnachten wie in Polen
Bei der Familie von Elzbieta Gwosdz gibt es noch immer Oblaten als Geschenke.
Burscheid. Seit 1992 lebt sie mit ihrer Familie in Deutschland, seit 2002 in Hilgen: die Polin Elzbieta Gwosdz, von Beruf Krankenschwester und Aushilfe beim Burscheider ASB. An Weihnachten hält sie die alten Traditionen ihrer Heimat auch in Deutschland wach. Das bedeutet, dass bei der Familie Gwosdz am Heiligabend ganz spezielle Bräuche gepflegt werden.
Am Anfang des Festes gehen die Kinder nach draußen, „um am Firmament Sterne zu suchen“. Innen haben sich inzwischen die Erwachsenen um einen großen, weiß gedeckten Tisch versammelt. In der Mitte des Tisches, durch das Tischtuch verdeckt, ist ein kleiner Heuhaufen aufgerichtet. Auf diesem ruhen weiße, mit Krippendarstellungen geprägte rechteckige Oblaten, große für die Erwachsenen, kleine für die Kinder. Auch das Essen steht schon auf dem Tisch. Ein zusätzliches Gedeck wartet auf einen möglichen hungrigen Fremden, mit dem es zu teilen gilt.
Sind die Kinder hereingekommen, stellen sich alle um den Tisch, das Weihnachtsevangelium wird gelesen und ein Vaterunser gebetet mit der besonderen Bitte um das tägliche Brot. Nach einem Dankgebet werden — von Vater oder Mutter - die Oblaten verteilt, man wünscht sich dabei Gesundheit für das neue Jahr, Versöhnung und Verzeihen, das Ende allen Streites. Die Oblaten werden nun angeknabbert und weitergereicht, jeder darf dem anderen etwas abnehmen. Traditionell ist das die Bescherung, Geschenke gibt es nicht. Inzwischen hat sich das, so Elzbieta Gwosdz, nicht nur bei den in Deutschland lebenden Polen, sondern auch in Polen selbst geändert.
Eine wichtige Tradition stellt auch die Auswahl und Menge der Speisen da: Zwölf müssen es sein, im Andenken an die zwölf Apostel. Mit einer Suppe aus roter Bete beginnt es, dazu mit Sauerkraut und Steinpilzen gefüllte Maultaschen. Dann Karpfen auf verschiedene Art, Hering in jeder Form, ein aus eingeweichten und gekochten Trockenfrüchten hergestellter Sud als Getränk, Mohnkuchen, Lebkuchen, „Kutia“ (ein extrem süßes Gericht aus Weizenkörnern, Milch, Honig, Mandeln und Rosinen) oder „Makurwki“ (in Scheiben geschnittenes Baguette mit einer Mischung aus in Milch gekochtem Mohn und süßen Früchten geschichtet), mit blanchierten Zwiebeln übergossene Kartoffeln, Sauerkraut, Brot und Steinpilze.
Anschließend gibt es Süßigkeiten und Tee, man singt am Tannenbaum Weihnachtslieder und Geschenke werden verteilt. Das eigentliche Geschenk bleiben aber nach wie vor die Oblaten, die es in der polnischen Mission in Leverkusen-Alkenrath zu kaufen gibt. Vielfach werden sie auch als Weihnachtsgruß verschickt. Auf dem Land, so erinnert sich Elzbieta Gwosdz, fütterte man auch die Tiere mit Oblaten. Nach einer Legende sollen sie in der Heiligen Nacht sprechen können.
Das Fest endet schließlich mit dem gemeinsamen Besuch der Hirtenmesse um Mitternacht. Nur die Kinder sind dann bereits im Bett und schlafen.