Christliche und muslimische Schüler auf Jesus-Rallye

Die erste Reihe des interreligiösen Unterrichts an der Gesamtschule ist beendet. Gelernt haben dabei auch die Lehrer.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Es ist 10.50 Uhr, die Sechstklässler der Johannes-Löh-Gesamtschule machen sich auf den Weg. In jeder der vier Klassen sind fünf Gruppen gebildet worden, bestückt mit evangelischen, katholischen und muslimischen Schülern. Jede der Gruppen steuert ein anderes Ziel an: das benachbarte Haus der Kirche, die evangelische und katholische Kirche, das freikirchliche Gemeindezentrum, den Türkisch-Islamischen Kulturverein. Dort gilt es dann in Gemeinschaftsarbeit religiöse Nüsse zu knacken: Zehn Fragen zu Jesus wollen beantwortet werden.

Wissen über den jüdischen Rabbi, dessen Lehre zum Kern einer neuen Religion wurde, können nicht nur die christlichen Schüler beitragen. Schließlich gilt Jesus im Koran als Prophet. Auf die Frage, warum Jesus für Muslime wichtig ist, wissen daher womöglich die muslimischen Schüler schneller die Antwort. Und manchmal mutmaßt die ganze Gruppe gemeinsam. Wann wurde Jesus geboren? „200 Jahre vor Christus“, lautet ein Vorschlag.

Die Jesus-Rallye beendet die erste Unterrichtsreihe, die dem im August vorgestellten Modellprojekt eines phasenweise religionsübergreifenden Religionsunterrichts folgt. Nachdem mit dem Leverkusener Imam Amir Djeladini ein Lehrer für den in diesem Schuljahr eingeführten Islamunterricht gefunden war, soll das konfessions- und religionsübergreifende Lernen Vorurteile durch mehr Wissen übereinander bekämpfen. „Das Lernen fängt auf Lehrerebene an“, sagt Rektorin Angelika Büscher lachend. Auch ihr war neu, dass Muslime mit dem Argument nicht an die Kreuzigung Jesu glauben, Gott würde nicht zulassen, dass einem Propheten so etwas Schlimmes passiere.

Noch tastet man sich an das übergreifende Konzept heran. Beim Thema Jesus wurde noch in getrennten Gruppen unterrichtet, aber die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Jesusbild waren überall Thema. In den fünften Klassen, wo es um die Schöpfung geht, ist die Idee eines Lehrertauschs entstanden. jeder Lehrer hat ein Spezialthema (Wasser, Pflanzen, Mensch, Tiere, Ruhetag) und tourt damit durch die je zwei evangelischen und katholischen sowie die eine islamische Unterrichtsgruppe. „Die Religionslehrer hatten schon immer ein gutes Verhältnis. Aber durch das Modellprojekt sind wir noch reger im Austausch geworden“, sagt Büscher.

Das Projekt hat bei seiner Vorstellung bundesweite Aufmerksamkeit erzielt. Eine Lehramtsstudentin hat schon Interesse bekundet zu hospitieren; vereinzelt gab es auch kritische Anrufe. „Eine Frau aus Bonn hat gesagt, als evangelische Schule sei es unsere Aufgabe, das Evangelium zu verkünden. Nichts anderes tun wir, habe ich geantwortet“, erzählt die Rektorin.

Im Türkisch-Islamischen Kulturzentrum betreut Djeladini derweil die eintreffenden Schülergruppen. „Immer langsam“, mahnt er. „Kontrolliert eure Antworten noch einmal.“ Wie hat der albanische Imam die ersten Monate in der neuen Rolle des Lehrers erlebt? „Bis jetzt sehr gut. Ich habe nette Freunde und Kollegen gefunden. Das ist eine wunderbare Zusammenarbeit, nicht nur mit den Religionslehrern.“ Allein an die Unruhe der Fünftklässler und den Umgang mit Konflikten und Raufereien auf dem Schulhof müsse er sich noch gewöhnen.