„Das Leben ist zu kurz, um nur ein Lied zu spielen“
Am 14. November kommt Enno Bunger mit seinem neuen Album ins Gebäude 9. Erstmals bezieht er in einem Song politisch klar Stellung.
Herr Bunger, Sie kommen am 14. November ins Gebäude 9 nach Köln. Wie gut kennen Sie die Stadt?
Enno Bunger: Im Gebäude 9 war ich noch nie, aber ich habe eine besondere Erinnerung ans Stereo Wonderland. Da habe ich mich riesig gefreut, als ganz am Anfang meiner Musikkarriere gleich 50 Leute in den Club gekommen sind, um mein Konzert zu hören. Sonst habe ich auch einige Freunde in Köln, war aber schon länger nicht mehr da.
Was erwartet die Fans beim Konzert in Köln?
Bunger: Wir werden zu viert auf der Bühne stehen, darunter noch ein Musiker aus meiner alten Band und auch mein Produzent Tobias Siebert ist da. Das sind alles gute Freunde, meine Lieblingsmusiker, die beim Konzert alle ihre Soloprojekte im Vorprogramm vorstellen werden. Das wird so zum kleinen Festival. Bei meinen Songs liegt der Schwerpunkt auf dem neuen Album, es wird aber auch Stücke der Vorgänger geben — ein ziemlich buntes Programm, durch das ich als Entertainer führen werde.
Was hat sich bei Ihnen musikalisch durch die Trennung von der Band verändert?
Bunger: Schon mit der früheren Band haben wir immer flexibel gearbeitet, in den kleinen Läden war ich solo auf der Bühne, in den größeren kam das Trio zum Zuge. Die bessere Resonanz gab es bei den Soloauftritten, da bin ich dann als Entertainer mehr gefragt. Jetzt hat sich das Bandgefüge komplett aufgelöst und ich habe deutlich mehr Freiheiten. So klingt das neue Album für meine Verhältnisse deutlich fröhlicher und bringt auch sonst so manche Überraschung mit sich, welche die Tour abwechslungsreicher machen wird. Mir ist es wichtig, mich nicht zu wiederholen, das Leben ist zu kurz, um nur ein Lied zu spielen.
Wie sammeln Sie das Material für neue Songs?
Bunger: Ich habe immer etwas dabei, sei es das Smartphone und ein Stück Zeitung, auf dem ich etwas notiere. Das Lied „Hamburg“ ist beispielsweise am Elbstrand entstanden. Ich habe dort versucht, die Vielfalt dieser Stadt in einem Song festzuhalten, der mit verschiedenen Genres spielt. Entsprechend ist daraus auch ein Zehn-Minuten-Stück geworden.
Sie sind gebürtiger Ostfriese und leben in Hamburg. Wie hat Sie Ihre Heimat geprägt?
Bunger: Es gibt den Spruch, dass man Menschen aus ihrer Heimat vertreiben kann, aber nie die Heimat aus den Menschen. Das trifft auch irgendwie auf mich zu. Ich bin immer noch Ostfriese und im Tourbus spreche ich auch schon mal Platt. In Hamburg bin ich angekommen und mag die Stadt sehr. Trotzdem ist bei mir Heimat nicht so ortsgebunden und wird eher an Menschen festgemacht.
Das Album heißt „Flüssiges Glück“, was bedeutet für Sie persönlich Glück?
Bunger: Glück sind oft die ganz kleinen Dinge, die man als Glück begreifen und erkennen muss. So wie der Moment der Freude im Stereo Wonderland in Köln mit den 50 Zuhörern. Häufig spiele ich vor deutlich mehr Leuten, aber wenn man vor 20 spielt und es gelingt, diesen besonderen Moment zu schaffen, ist auch das Glück. Glück ist beweglich und nur zeitlich begrenzt. Man kann es nicht festhalten, sollte sich trotzdem darüber freuen. Und ich freue mich über alles, was gut läuft.
Es gibt auf dem Album einen Song, bei dem Sie erstmals politisch werden. Warum?
Bunger: Es stimmt, ich war bei politischen Dingen als Musiker eher zurückhaltend und dachte, das sollen doch die anderen machen. Aber im Moment läuft so viel schief, und die rechten Parolen werden immer lauter und deutlicher. Und wenn Leute beginnen, Flüchtlingsheime anzuzünden, dann sind das rassistische Mordversuche, bei denen man nicht länger schweigen darf. Da gehört es auch zu meiner Verantwortung als Musiker, Dinge politisch klar auf den Punkt zu bringen. Viel war bislang sehr autobiografisch, jetzt gibt es auch Songs, die gesellschaftlich Relevanz haben. Und das ist gut so. Die Einnahmen aus dem Song „Wo bleiben die Beschwerden“ spende ich übrigens an Projekte gegen rechte Gewalt.
Konzert: Enno Bunger ist am 14. November im Gebäude 9 an der Deutz-Mülheimer-Straße 127-129 (Linie 3/4; Haltestelle: Messe Ost) zu Gast. Das Konzert beginnt um 20 Uhr (Einlass 19 Uhr). Tickets: 0221/2801 (Köln-Ticket). Weitere Infos gibt es auch online: