Denkmal: Gefragter Steinschärfer

Das Handwerk ist fast ausgestorben: Robert Vetter schleift die Mühlsteine in der Lambertsmühle.

Burscheid. Wenn alles zusammenbricht, mahlen die Steine der Lambertsmühle weiterhin. "Das ist das Faszinierende an meinem Beruf", sagt Robert Vetter. "Die heutige Technik ist abhängig vom Strom, die mittelalterliche funktioniert immer noch."

Vetter ist Mühlenbauer und hat den Auftrag, die Mühlsteine der Lambertsmühle zu schärfen. Die Rippen der tonnenschweren Räder haben sich im Laufe der Jahre abgenutzt. Um Korn zu mahlen, müssen sie wieder genau ineinandergreifen.

Das erledigt Vetter wie bereits seine Vorgänger im Mittelalter. Der Mühlenbauer streicht rote Farbe auf einen Holzbalken und führt den Balken über den Stein. Dort, wo Farbe hängenbleibt, schlägt Vetter die Fläche glatt. Dann arbeitet er mit einem kleineren Hammer, Pikhammer genannt, die Fugen aus. Das ist Feinstarbeit, bei der sich Vetter schließlich doch auf den Stromanschluss in der alten Mühle verlässt und die Flex anwirft. "Das geht einfach schneller."

Die Flex übertönt den gluckernden Fluss. Bereits nach wenigen Minuten sind Dachboden und Handwerker mit feinem Staub bedeckt. Vetter blinzelt den Puder von den Wimpern und erklärt, dass dies nicht unbedingt sein liebster Job sei. Der 38-Jährige, der eine Schreinerei im Allgäu betreibt, baut auch Wasserräder und Wasserkraftanlagen, das macht ihm mehr Spaß. Doch die Nachfrage sei groß; gibt es im Land ein Denkmal zu restaurieren, ist Vetter gefragt.

Früher habe nur Müllermeister werden können, wer in der Prüfung bewies, dass er das Schleifen der Steine beherrscht. Das sei längst nicht mehr so und heute Aufgabe der Mühlsteinschärfer. Viele von ihnen gibt es nicht mehr in Deutschland. "Vielleicht fünf oder sechs könnten es sein", schätzt Vetter. Die meisten von ihnen seien bereits im Rentenalter. "Ich bin wahrscheinlich der Jüngste."

Der Ausbildungsberuf selbst sei bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts ausgestorben. "Ich habe mir alles selbst beigebracht." Unterstützung bekam der heute 38-Jährige von Handwerksmeistern, denen er über die Schulter schauen durfte. Sie zu überzeugen, war nicht immer leicht. "Ich musste vermitteln, dass es mir ernst ist und dass ich nicht spionieren will."

Vetter kränkte die Vorsicht seiner Vorbilder nicht. Er kämpfte sich durch: Es sei immer schon sein Traum gewesen, das Handwerk zu beherrschen. Schließlich sei er im Allgäu aufgewachsen, wo noch heute Wasserräder die historischen Hammerwerke antreiben.

Drei Tage Zeit benötigt er, um die Unebenheiten der Steine in der Lambertsmühle zu glätten und die Unwucht im Lauf auszugleichen. Über die Schulter schaut ihm dabei Mühlenschärfer Paul Prüfer. Der schärfte die Steine 1935 zum letzten Mal und blickt jetzt von einem Foto auf Vetter hinab.

Nach getaner Arbeit hinterließ Prüfer eine Nachricht, die er zwischen den Steinen versteckte und auf der er auch die Zahl der getanen Hammerschläge festhielt. Vetter kennt die Geschichte und lacht. Nein, eine Botschaft werde er nicht zwischen den Steinen hinterlassen.