Doppelspitze: In der kraftraubenden Mühle der Einmannshow

Die Abschaffung der kommunalen Doppelspitze hat ein Amt hervorgebracht, das seine Inhaber aufzufressen droht.

Burscheid. Was soll ein Bürgermeister, ein Landrat sein? In erster Linie einer, der die Verwaltung im Griff hat? Oder einer, der Bürgernähe zeigt und seine Stadt, seinen Kreis gut repräsentiert? Seit Ende der 90er Jahre lautet die Antwort in Nordrhein-Westfalen: Er muss beides sein.

Die Abschaffung der kommunalen Doppelspitze aus hauptamtlichem Stadtdirektor/Oberkreisdirektor und ehrenamtlichem Bürgermeister/Landrat hat ein neues Wahlamt hervorgebracht, das seine Inhaber aufzufressen droht. Aktuelles Beispiel: der bevorstehende Abgang von Landrat Rolf Menzel (CDU).

Das Argument für die Abschaffung der Doppelspitze hieß: mehr Demokratie. Die Bürger wählen den entscheidenden Kopf an der Spitze von Stadt und Kreis seither direkt und entziehen ihn damit auch zumindest ein Stück den parteipolitischen Strategen.

Menzel kommt aus der Verwaltung. Das muss nicht sein, wird aber von vielen an dieser komplexen Schaltstelle befürwortet. Zugleich soll er als Landrat all die repräsentativen Aufgaben erfüllen — zum einen, weil man das von ihm erwartet, zum anderen, weil er sich als Wahlbeamter nicht in die kaum öffentlichkeitswirksame Verwaltung zurückziehen kann, ohne seine Wiederwahl zu gefährden.

Der Frust über diese enorme Doppelbelastung war ihm ungeachtet seiner Wiederwahl 2009 immer mal wieder anzumerken. Dazu kommt, dass auch die Besoldung von Spitzenbeamten nicht mit vergleichbaren Positionen in der Wirtschaft mithalten kann. Aber als Menzel zwischenzeitlich mal öffentlich etwas weniger in Erscheinung trat, sorgte das gleich für kritische Töne in seiner Partei. „Man weiß doch vorher, auf was man sich einlässt“, ist dann ein immer wieder zu hörender Satz, der verkennt, dass sich manche Belastung eines Amtes kaum gedanklich vorwegnehmen lässt.

Parallelen zu Burscheids Bürgermeister Stefan Caplan sind offensichtlich. Caplan ist wie Menzel ein Arbeitstier, einer, der innerhalb der Verwaltung die Fäden straff in den Händen behalten will und nicht leichten Herzens delegieren kann. Das ganze Repräsentationspaket wird noch obendrauf gepackt. Das kann auf Dauer kaum gut gehen — und auch bei Caplan waren mitunter schon Erschöpfungsanzeichen und Sinnkrisen zu erkennen.

Zumal sich in Burscheid die Situation noch verschärft hat. Caplans Vorgänger Hans Dieter Kahrl war zwar auch ein Verwaltungsfachmann mit großer Bereitschaft zum volksnahen Repräsentieren. Aber er hatte während seiner gesamten Amtszeit auch einen Beigeordneten im Rücken, seit 2001 mit Namen Caplan.

Dieser hat nach seiner Wahl zum Bürgermeister aber die Besetzung der Beigeordnetenstelle zunächst für zwei Jahre ausgesetzt und koordinierende Aufgaben zur Entlastung der beiden Fachbereichsleiter (neben Caplan selbst noch Kämmerer Bernhard Lentz) vorerst auf die Schultern der beiden Amtsleiter Dirk Runge und Holger Wilke verlagert.

Die zwei Jahre laufen zum Jahresende aus. Dann wird sich Caplan in Abstimmung mit den Fraktionen im Rat dazu äußern müssen, ob er die Beigeordnetenstelle auf Dauer für verzichtbar hält. Fragen der eigenen Überlastung werden dabei kaum öffentlich diskutiert werden: Zu schnell könnten sie als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden.