Dreidimensionale Perspektiven
Der Burscheider Forscher Carl Pulfrich entdeckte einen 3-D-Effekt, der später vom Fernsehen genutzt wurde.
Burscheid. Seine Wurzeln hatte er in Burscheid, sein Leben widmete er der Wissenschaft: Professor Carl Pulfrich wurde mit der Entwicklung und dem Bau optisch-mechanischer Instrumente weltberühmt.
Am 24. September 1858 wurde er geboren, sein Vater, Carl Pulfrich sen., war Lehrer an der Schule Sträßchen, der neben dem normalen Unterrichtsstoff auch in mehreren Sprachen wie unterrichtete. Bei seinen Schülern war er als tüchtiger Lehrer akzeptiert, wegen seiner Strenge aber auch gefürchtet. Das Schulhaus steht heute noch, es befindet sich an der B 51, gegenüber der Einfahrt zum Megaphon.
Carl Pulfrich jun. besuchte zunächst diese Schule seines Vaters, dann die Burscheider Bürgerschule, machte an der „Realschule 1. Ordnung“ in Köln-Mülheim sein Abitur und widmete sich dann an der Uni Bonn dem Studium der Mathematik, der Physik, Chemie, Mineralogie und Zoologie und wurde mit der Arbeit „Photometrische Untersuchungen über die Absorption des Lichtes in isotropen und antisotropen Medien“ promoviert.
Nach einem Jahr im Schuldienst kehrte er 1885 an das Physikalische Institut der Universität Bonn zurück. Das Licht und seine Brechungen spielte auch in seiner Habilitationsschrift 1890 eine entscheidende Rolle. Ob die in seiner Kindheit durch einen Unfall auf die Hälfte reduzierte Sehkraft eines Auges bei dieser Faszination des Lichtes eine Rolle gespielt hat, ist nicht bewiesen, aber denkbar.
Auf den hochkarätigen Wissenschaftler wurden die Zeiss-Werke in Jena aufmerksam, ihm wurde die Leitung der Abteilung für optische Messinstrumente übertragen. Pulfrich untersuchte u.a. mit Hilfe eines Lichtmessapparates die Größe und Stärke der Aufsaugung der Lichtstrahlen in Glas, Kristallen und Flüssigkeiten. Ein in der Chemie verwendeter Totalreflektometer zur Untersuchung von Lichtbrechung in Flüssigkeiten wurde in der Chemie- Branche unter dem Namen „Der Pulfrich“ bekannt.
Er konstruierte einen Apparat zur Bestimmung des Brennpunktes von Linsen und Brillengläsern, Messgeräte zur Prüfung des Alkoholgehalts in einer Alkoholmischung, Instrumente, die dazu dienen, den Fettgehalt in Butter und Milch durch Messung der Brechung des Lichts zu bestimmen, ein Scherenfernrohr und ein Messgerät zur Untersuchung von Lebensmitteln und viele Messgeräte für wissenschaftliche Untersuchungen in Chemie, Physik und Astronomie.
In rund 40 Veröffentlichungen und in Vorträgen machte er seine Entdeckungen und Erfindungen bekannt. Ein von Hausfrauen bis heute beliebtes Küchengeschirr geht ebenfalls auf seine Erkenntnisse zur Lichtbrechung des Glases zurück: das hitzebeständige „Jenaer Glas“, mit dessen Produktion die Firma Otto Schott & Gen. in Jena begann.
Carl Pulfrichs erfolgreiches Leben endete tragisch: 1927 ertrank er bei aufkommendem Schlechtwetter während seines Urlaubs im Ostseebad Timmendorfer Strand. Seine Leiche wurde erst nach einigen Tagen an den Strand gespült. Sein Grab befindet sich auf dem Jenaer Nordfriedhof.
Ob er zu Lebzeiten noch viel Kontakt zu seiner Heimatstadt Burscheid hatte, ist nicht bekannt. Sein Vater starb 1888. Eine verwitterte und von Gestrüpp teilweise überwucherte Grabplatte mit kaum noch lesbarer Schrift erinnert unmittelbar neben dem Seiteneingang zum Burscheider Friedhof an der Altenbergerstraße an den Lehrer Pulfrich, dessen Sohn den Familiennamen weit über Burscheid hinaus bekanntgemacht hat.