Ein Konzertabend mit Benny Goodmans Klarinette
In der Bachstadt Eisenach durfte Engelbert Wrobel einen Auftritt mit dem Instrument der amerikanischen Jazz-Ikone absolvieren.
Burscheid. Ein Jahr ist es her, dass der Burscheider Jazzklarinettist Engelbert Wrobel in die USA aufbrach, um in einer Kleinstadt im Bundesstaat Massachusetts das legendäre Carnegie-Hall-Konzert von Benny Goodman aus dem Jahr 1938 nachzuspielen. Eine Woche ist es her, dass Wrobel der 1986 verstorbenen Jazz-Ikone noch einmal näher kam: durch einen Auftritt mit dessen Klarinette.
Für Wrobel war der Abend am vergangenen Samstag im Jazzclub Eisenach „wie Weihnachten und Geburtstag und Ostern und Hochzeitstag zusammen“. Ein musikalischer Traum. Möglich gemacht durch Daniel Eckenfelder, Vorsitzender des Jazzclubs, und Reinhard Lorenz, den Kulturdezernenten der Stadt Eisenach.
Wrobel war schon mehrfach zu Gast in Eisenach, in der vergangenen Woche mit der Besetzung und dem Swingprogramm, das vier Tage zuvor auch im Burscheider Haus der Kunst zu hören war: „Swingin’ Ladies + 2“. Die komplette zweite Konzerthälfte bestritt er mit Goodmans Selmer-Klarinette des Typs Signet Soloist, gebaut Mitte der 1970er Jahre. „Wenn ich ein Vorbild habe, dann Benny Goodman“, erzählt Wrobel begeistert. „Wie er hat nie vorher und nie nachher irgendjemand Klarinette gespielt.“
Das Instrument stammt aus der Sammlung des Schweizers Kurt Müller, eines engen Goodman-Freundes. Er starb 2014 und hatte testamentarisch verfügt, dass seine Sammlung nach Eisenach und damit in den Geburtsort Johann Sebastian Bachs gehen soll. Der Grund: Eine der populärsten Goodman-Aufnahmen heißt „Bach goes to town!“ An Bachs Geburtstag wurde die Sammlung in Eisenach an das dortige Jazz-Archiv der Lippmann+Rau-Stiftung übergeben.
Seit März vergangenen Jahres wird die Klarinette dauerhaft im Bachhaus in Eisenach ausgestellt. „Zwei Stunden vor dem Konzert sind wir dorthin gegangen und ich durfte sie ausprobieren.“ Eigentlich, so Wrobel, brauche man drei bis vier Tage, um sich an ein fremdes Instrument zu gewöhnen. Doch mit dem eigenen Mundstück und nach dem Angleichen einiger Federn habe er sich mit Goodmans Klarinette gleich so wohl gefühlt, dass sie beim Konzert länger zum Einsatz kam als gedacht. „Der Klang ist fantastisch.“
Das 1999 gegründete Jazz-Archiv in Eisenach genießt mittlerweile einen hervorragenden Ruf. Nach eigenen Angaben umfasst es inzwischen mehr als 80 000 Tonträger und Filme, mehr als 60 000 Bücher und Musikzeitschriften, etwa 60 000 Fotografien, Programmhefte und Konzertplakate sowie Musikinstrumente, Rundfunkmanuskripte und Briefe aus der Welt des Jazz.
Seit 2006 wird das Archiv von der Lippmann+Rau-Stiftung getragen. Auch Wrobel selbst hat schon den Bestand vergrößert: durch die Weitergabe eines Vibrafons von Hazy Osterwald, dem 2012 verstorbenen Schweizer Musiker und Bandleader, mit dem er selbst noch auf Tour gewesen war.
Der Genuss, auf einem Instrument seines Vorbilds zu spielen, soll für Wrobel im Übrigen kein einmaliger bleiben. „Wir haben schon eine CD geplant.“ Engelbert Wrobel spielt Benny Goodman auf einer Goodman-Klarinette — da könnte für manchen Jazzfan vor der heimischen Musikanlage auch Weihnachten und Geburtstag und Ostern und Hochzeitstag auf einen Tag fallen.