Eine Schatzkiste im Dom
Im Südturm wurden die originalen Bayernfensterkartons gefunden. Sie sollen nun für 100 000 Euro restauriert werden.
Köln. Eine große Holzkiste in der ehemaligen Bibliothek des Nordturms sorgte seit langem für Spannung bei den Experten der Kölner Dombauhütte. Darin befanden sich drei zusammengefaltete Kartons mit den handgezeichneten Originalentwürfen der sogenannten Bayernfenster im Kölner Dom. 1979 wurde das Paket bei Aufräumarbeiten im Südturm mit einem nicht entfaltbaren Konvolut aus versprödeter Leinwand und Papier entdeckt — dieses war durch Wasser beschädigt, verdreckt und von Pilzen besiedelt.
Die Zeichnungen wurden 1844 von dem Oberstdorfer Maler Joseph Anton Fischer geschaffen. Da Ende der 70er an eine Entfaltung genauso wenig zu denken war, wie an eine Restaurierung wurde der Fund nur provisorisch durch eine Holzkiste gesichert und im Nordturm aufbewahrt. In diesem Jahr konnte der wertvolle Schatz geborgen und in einer extra angemieteten Halle von den Papierrestauratoren des Doms entfaltet werden.
Zutage kamen nicht nur das Pfingstfenster, sondern auch die Hauptszenen des Anbetungs- und des Beweinungsfensters in Originalgröße. Es zeigte sich den Experten, dass der Zustand der Kartons zwar schlecht, aber nicht so hoffnungslos wie befürchtet ist. Die Trägerleinwand wurde zerschnitten und die insgesamt 48 Kartons in Archivkisten verpackt, wo sie nun bei trockenem Klima liegend gelagert werden.
Die Kosten für eine Restaurierung wurde von der Dombauhütte mit mehr als 100 000 Euro veranschlagt. Für jeden Karton vermittelt der Zentral-Dombau-Verein nun Patenschaften in Höhe von 3000 Euro. Die Entfaltung der Zeichnungen wurde per Film festgehalten. Dieser kann online über die Homepage des Doms angesehen werden. Der Verein selbst konnte in seinem Jubiläumsjahr die Zahl der Mitglieder um 3000 auf aktuell 17250 erhöhen. Ziel ist nach wie vor die 17500 Marke für 175 Jahre Zentral-Dombau-Verein.
Im gerade veröffentlichten Domblatt befindet sich auch der Dombaubericht für die am Dom geleisteten Restaurierungsarbeiten. Darin gibt es eine weitere spannende Geschichte über eine Heimkehr. Vor 70 Jahren hat ein US-Soldat am Dom ein kleines, am Michaelportal auf den Boden gefallenes, etwa handball-großes Köpfchen als Andenken mitgenommen. Sieben Jahrzehnte hat er dieses in den USA in einer Kiste aufbewahrt. Erst nach seinem Tod wurde es von der Familie entdeckt und wieder nach Köln zurückgebracht. Es ist der Kopf eines römischen Soldaten am Michaelportal, das gerade aufwendig restauriert wird. Der Platz des Fundes im Portal konnte bereits bestimmt werden.
Erstmals zu sehen sind am Dom nach der Abnahme der Gerüste am südlichen Querhaus, die zwei kleinen Köpfe, mit denen die frühere Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner und der ehemalige Dompropst Norbert Feldhoff am Gotteshaus verewigt wurden.
Zum Dombaubericht gesellen sich im Domblatt, das für 27,80 Euro im Buchhandel erhältlich ist, mehrere Aufsätze zu Themen rund um den Dom. Dazu gehört ein Grabungsbericht zu Ausgrabungen im Bereich der nördlichen Seitenschiffe. Bestätigt wurde dadurch die bereits in früheren Publikationen angenommene Bauabfolge der Lang- und Turmpfeiler in diesem Bereich. Zutage kamen zudem Teile der Grundierung des alten Domfußbodens, Türschwellen, Grababdeckungen sowie Reste der ersten Gasleitung im Dom.
Ungewöhnlich ist der Bericht über einen Hilfs- und Unterstützungsvereins des Doms in Mexiko. Gegründet wurde dieser 1842 von deutschen Auswanderern — er war einer von etwa 150 solcher Verein in Deutschland und Europa. Auch in der Nachbarstadt Düsseldorf gab es einen Unterstützungsverein für den Kölner Dom. Im ersten Jahr brachten die Mexikaner die Rekordsumme von 1100 Talern für die Kathedrale am Rhein zusammen — mehr als alle anderen Vereine. Was für Menschen zum Verein im fernen Amerika gehörten, ist wohl auch etwas schillernd. „Wohl waren auch Leute dabei, die vor dem Haftbefehl in der alten Heimat fliehen mussten. Fragt sich nur, ob der Klüngel in Köln oder Mexiko-Stadt größer war“, sagt Domarchivar Klaus Hardering.
Weitere Aufsätze befassen sich mit den Legenden und Quellen zu den Heiligen Drei Königen sowie mit der ornamentalen Kathedralverglasung des Domes. Die erste Chorkapellenverglasung, die ab den 1260er Jahren entstand, verzichtete mit Ausnahme des Achsfensters auf figürliche Darstellungen. Zur Erkenntnis des Autors, Michael Burger, gehört, dass zumindest eines der ursprünglichen Fenster in wesentlichen Teilen bis heute erhalten ist.