Erinnerung an eine Kölner Familie
Auf dem Jüdischen Friedhof in Deutz befindet sich das Grab von Isaak Offenbach, dem Vater des berühmten Komponisten Jacques.
Köln. Es sind nur noch wenige Stellen in Köln, die an einen der berühmtesten Söhne der Stadt erinnern — an den Komponisten Jacques Offenbach. Dazu gehört der Platz, auf dem das Opernquartier gerade neu gebaut wird, die Plakette vor seinem Geburtshaus am Großen Griechenmarkt und die Figur am Turm des Historischen Rathauses. Das soll sich 2019 zum 200. Geburtstag mit einem umfangreichen Kulturprogramm unter dem Titel „Yes we Cancan“ in der Philharmonie und an weiteren Orten in der Stadt ändern. Die Federführung beim Programm hat die Kölner Offenbach-Gesellschaft.
Dabei gibt es noch eine weitere Erinnerungsstätte, und zwar auf dem alten Jüdischen Friedhof in Deutz unweit des Deutzer Hafen. Dort liegt Offenbachs Vater Isaak begraben. Dieser war Kantor der Jüdischen Gemeinde in Köln und nahm dort zeitweise auch die vakante Position des Rabbiners ein. Er war ein frommer und gottesfürchtiger Mann und ein sehr begabter Komponist, der auch Opern und Stücke zum jüdischen Karneval Purim schrieb. Er war eine streitbare Persönlichkeit, wenn es um seiner Werte ging, und war tief in der synagogalen Musik seiner Zeit verwurzelt.
Verfasst hat Isaak Juda Offenbach insgesamt 520 Stücke. Manche haben unüberhörbare Anklänge an die christliche Kirchenmusik. Zu den Stücken zählt das verschollene Singspiel „Der Schreiner in seiner Werkstatt“, eine Handwerksoper, die wahrscheinlich am 9. Juni 1811 anlässlich der Taufe von Napoleons Sohn uraufgeführt wurde. Geboren wurde der Kantor 1779 in Offenbach als Isaak Juda Eberst in Offenbach. 1802 kommt er nach Deutz und nimmt den Namen seiner Geburtsstadt als Nachnamen an. Gestorben ist der Musiker am 26. April 1850.
Isaak Offenbach hatte insgesamt zehn Kinder, die bis auf ein früh verstorbenen Sohn, alle mit musikalischen Berufen ihr Auskommen fanden. Schon früh wurden die Kinder dazu gebracht, mit Konzerten und anderen öffentlichen Auftritten das Einkommen der Familie aufzubessern. Ab seinem zwölften Lebensjahr tritt Jakob, der sich erst in Paris Jacques nennt, und der in Köln den Spitznamen „Köbes“ erhält, als Violoncello-Wunderkind in Konzerten auf. Mit seinen Geschwistern Julius und Isabella bestreitet er ab 1830 auch das Abendprogramm in Gastwirtschaften.
Vater Isaak gestaltet das kulturelle Leben Köln in Zeit der Erneuerung der Franzosenzeit entscheidend mit, auch wenn heute von seinem Werk nur noch wenig bekannt ist. Selbst seine Nachfahren haben bislang noch keine Stücke von ihm gehört. In dieser Woche waren Jacques Ur-Ur-Enkel Claude Comte-Offenbach und Viviane Vithof mit ihrem Sohn Didier und dem Enkel Rémi erstmals zu Gast in Köln und besuchten das Grab ihres Vorfahrens in Deutz. Es ist der einzige Familienzweig, der noch den Namen Offenbach trägt.
„Wir sind sehr bewegt, wenn wir sehen, wie das Erbe unserer Familie in Köln gepflegt wird und freuen uns auf das Programm im kommenden Jahr. Was das Werk von Isaak angeht, sind wir sehr gespannt, erstmals etwas von ihm zu hören“, sagt Didier Comte-Offenbach, der mit seiner Familie in Brüssel lebt. Zum Familienbesitz gehört auch das von Jacques Offenbach in Paris gegründete Theater. „Er ist ein großer Sohn unserer Stadt. Zu seinem 200. Geburtstag wird es im gesamten Jahr 2019 Veranstaltungen geben, die an ihn erinnern“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Grab von Isaak, wo sie nach jüdischer Tradition einen kleinen weißen Stein auf den Grabstein legte.
Der Jüdische Friedhof in Deutz wurde 1695 gegründet und war bis 1918 geöffnet. Die letzte Beerdigung fand dort 1941 statt. Seit 1918 wird von der Jüdischen Gemeinde der Friedhof in Bocklemünd genutzt. Auf dem Deutzer Friedhof finden sich sehr alte Grabsteine, die zum Teil schon verwittert sind. Das Gelände ist naturbelassen und wird von einem Gärtner gepflegt.
Zu den bekannten, dort beerdigten Persönlichkeiten zählen neben Isaak Offenbach unter anderen Moses Hess, dessen sterbliche Überreste 1961 nach Israel überführt worden sind, und Mitglieder der Kölner Bankiersfamilie Oppenheim.
Insgesamt gehören zur Synagogen-Gemeinde Köln 37 Friedhöfe, darunter sechs auf dem Kölner Stadtgebiet. In einem kleinen 1936 erbauten Labidarium („Steinhaus“) des Bocklemünder Friedhofs werden Fragmente des mittelalterlichen Friedhofs „Am Bonntor“ aufbewahrt. Dieser Friedhof wurde 1143 erstmals erwähnt und 1695 geschlossen. Er befand sich an der Bonner Straße auf Höhe des heutigen Großmarkts. Bei Bauarbeiten stieß man zufällig auf seine Überreste.