Erste Hilfe für den Hausarztberuf

Weiterbildung: Mit einem Verbund will die Ärztekammer junge Mediziner in den Kreis locken und ihnen den Schritt in die Facharztausbildung erleichtern.

Rhein-Berg-Kreis. Knapp 110 Allgemeinmediziner und rund 60 hausärztlich tätige Internisten sind im Rheinisch-Bergischen Kreis niedergelassen. Noch. Denn gerade in ländlichen Regionen droht in den nächsten Jahren ein Hausärztemangel. Mit einem Weiterbildungsverbund will die Ärztekammer jungen Medizinern jetzt die Entscheidung für Rhein-Berg erleichtern.

Der Kreis ist damit der siebte Verbund innerhalb der Ärztekammer Nordrhein. Gestern wurden die entsprechenden Urkunden im Kreishaus in Bergisch Gladbach übergeben. Mit im Boot sind neben allen vier Krankenhäusern (Wermelskirchen, Vinzenz Pallotti in Bensberg, Evangelisches und Marien-Krankenhaus in Bergisch Gladbach) noch sieben hausärztliche Praxen und Gemeinschaftspraxen in Burscheid, Bergisch Gladbach und Overath.

„Wir haben das Projekt im August letzten Jahres begonnen und ich hätte nicht gedacht, dass wir es in dieser kurzen Zeit auf die Beine stellen würden“, sagt Barbara vom Stein, Burscheider Hausärztin und als Kreisvorsitzende der Ärztekammer federführend an der Vorbereitung beteiligt. Aber aus ihrer Sicht führt kein Weg an dem Angebot vorbei: „In Overath und Kürten haben wir schon eine Unterversorgung.“ Im gesamten Kammerbezirk Nordrhein müssten jährlich 200 neue Hausärzte nachrücken, um das Niveau von derzeit rund 6000 zu halten. Tatsächlich sind es nur 100.

Fünf Jahre dauert die Facharztausbildung, die sich an Medizinstudium und praktisches Jahr anschließt. Will ein Assistenzarzt den Weg zum Allgemeinmediziner einschlagen, musste er sich die Pflicht- und Wahlstationen in Krankenhaus und Praxis bisher einzeln zusammensuchen. Stattdessen kann er sich jetzt zentral an den Verbund wenden, aus dessen Pool dann die notwendigen Stationen zusammengestellt werden.

Voll des Lobes ist vom Stein dabei vor allem für die Krankenhäuser: „Sie investieren viel, obwohl sie wissen, dass die Ärzte nicht für den eigenen Bedarf bleiben werden. Die Praxen haben mehr davon, weil sie womöglich auf diesem Weg sogar einen Nachfolger finden.“

Trotzdem haben viele ausbildungsberechtigte Ärzte abgewunken. Denn der Verbund verlangt ihnen feste Zusagen ab. Nach der zunächst vorgeschriebenen zweijährigen Grundausbildung in den Krankenhäusern und einer möglichen Wahlverlängerung müssten sie jetzt schon garantieren, Interessenten ab 2013 bzw. 2014 in den Praxen aufnehmen zu können. So weit im Voraus wollen und können nicht alle planen.

Daher gibt es beispielsweise im Nordkreis nur in Burscheid Hausärzte, die mitmachen, hier aber gleich vier: neben Barbara vom Stein und ihrem Gemeinschaftspraxiskollegen Frank Kieslich-Frühn noch die Hilgener Ärzte Inge Hiller und Helmut Müller von der Gemeinschaftspraxis am Raiffeisenmarkt.

Finanzielle Unterstützung für die Teilnehmer kommt dabei sowohl vom Land als auch von der Ärztekammer. Denn Assistenzärzte verdienen 3100 Euro im Monat, die Praxen dürfen durch ihre Beschäftigung in der Weiterbildung aber nicht mehr verdienen.

Weil jedes Krankenhaus bereit wäre, zum Start des Verbundes drei Assistenzärzte aufzunehmen, könnten theoretisch in diesem Jahr zwölf Jungmediziner ihren Weg in Richtung Hausarzt beginnen. Für vom Stein reine Utopie: „Wenn wir jedes Jahr zwei bis drei Interessenten finden, bin ich glücklich.“

Eine erste Enttäuschung musste sie schon verkraften: „Ich hatte eine Bewerberin aus der Industrie, die unser Angebot ganz toll fand, aber dann aus finanziellen Gründen doch abgesagt hat.“